Jethro Tull – Rökflöte
Erscheinungsjahr 2023 | Blu-ray | Progressive Rock
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Es fühlt sich an, als wäre man wieder in den 70ern! Ein Jahr nachdem Ian Anderson mit Jethro Tull nach Jahrzehnten wieder ein neues Album herausgebracht hat, wird mit einem weiteren Longplayer nachgelegt. RÖKFLÖTE ist das mittlerweile 23. Album der englischen Band und der direkte Nachfolger von THE ZEALOT GENE aus dem Vorjahr.
Den Jungs von Metallica dürfte bei diesem Albumtitel der Schreck in die Glieder gefahren sein. Da bringen sie seit Jahren mit 72 SEASONS wieder neue Musik heraus und dann veröffentlicht der große Widersacher aus den 80er-Jahren Jethro Tull ein Album, welches zudem offensichtlich noch prominente Verwendung des Metal-Umlauts aufweist. Will man damit wieder Metallica den Metal-Grammy streitig machen, wie bereits 1989?
Nein, denn RÖKFLÖTE hat nichts mit Metal zu tun. Die ursprüngliche Idee war es, ein rein instrumentales Album einzuspielen, bei der die Flöte, die ja immer ein wichtiger Bestandteil in der Musik von Jethro Tull war, die zentrale Rolle einnehmen sollte. Der Arbeitstitel lautete daher zunächst „Rock Flute“. Gleichzeitig beschäftigte sich Anderson aber auch intensiver mit der nordischen Mythologie und der Sage der Ragnarök. Es entstanden entsprechende Lyrics, sodass aus Rock Flute letztendlich RÖKFLÖTE wurde.
Wie bereits THE ZEALOT GENE im letzten Jahr hat man sich auch beim neuen Album nicht nehmen lassen, einen Surround-Mix zu erstellen. Jethro Tull geht dieses Mal sogar mit der Zeit, denn es ist zum ersten Mal ein Mix in Dolby Atmos geworden, den Bruce Soord gemacht hat. Gehört werden kann dieser im Streaming oder auf einer Blu-Ray, die der Deluxe-Edition des Albums beiliegt. Diese Edition ist wieder ein großformatiges Mediabook geworden.
Tracklist:
1 Voluspo – 3:43
2 Ginnungagap – 3:49
3 Allfather – 2:46
4 The Feathered Consort – 3:40
5 Hammer on Hammer – 3:09
6 Wolf Unchained – 4:58
7 The Perfect One – 3:51
8 Trickster (And the Mistletoe) – 3:01
9 Cornucopia – 3:53
10 The Navigators – 4:27
11 Guardian’s Watch – 3:30
12 Ithavoll – 4:00
Gesamtdauer: 44:47
Musikalisch macht man da weiter, wo man bei THE ZEALOT GENE aufgehört hat. Es ist wieder ein folkiges Jethro Tull Album geworden, mit dezenten Powerchords und Synthesizer-Einsetzen. Mehr denn je steht aber die Flöte im Vordergrund, die in jedem Stück gehört werden kann, manchmal sogar mehrmals und zum Teil auch im Klang verfremdet.
Im Vergleich zum Vorgänger halte ich RÖKFLÖTE für etwas schwerer zugänglich. Die Melodien bleiben hier nicht so sehr im Kopf hängen, wie das noch bei THE ZEALOT GENE der Fall war. Andererseits ist es aber etwas abwechslungsreicher. Schwachpunkt dürfte die Stimme von Ian Anderson sein, der einfach nicht mehr die große Bandbreite besitzt wie früher, sodass sich sein Gesang auf die Dauer etwas monoton anhört.
Wertung: 71 %
Besetzung:
Ian Anderson – vocals, concert flutes, alto flutes, flute d’amour, Irish whistle
David Goodier – bass guitar
John O’Hara – piano, keyboards, Hammond organ
Scott Hammond – drums
Joe Parrish-James – electric guitars, acoustic guitars, mandolin
Unnur Birna – Vocals
Ich habe mir sowohl den Dolby Atmos Mix angehört als auch den normalen 5.1 Mix, der auf der Blu-ray in DTS Master HD vorliegt. Es fällt auf, dass Bruce Soord hier zwei unterschiedliche Mixe erstellt hat. Der herkömmliche 5.1-Mix ist sehr diskret ausgefallen. In die hinteren Kanäle hat Soord fast immer die Keyboards gelegt. Auch Gitarren, Percussion, Stimmen und Flöten werden immer mal wieder hinten platziert. Das Schlagzeug ist zudem auch weiter in der Raummitte.
Der Dolby Atmos Mix ist in der Räumlichkeit dagegen um einiges dezenter. Ich habe das Gefühl, als hätte Bruce Soord hier den Mix mehr auf Streaming und dessen eigentliche Zielgruppe (Kopfhörer-Hörer) ausgelegt. Die Rears sind hier leiser, manches wurde auch von hinten zur Seite oder in die Decke gelegt. Zu merken ist dies bereits beim ersten Stück Voluspo. Dieses beginnt mit einem auf isländisch vorgetragenen Gedicht. In 5.1 ist die weibliche Stimme zunächst weit hinten zu hören und geht dann in die vorderen Kanäle über. In Dolby Atmos und auch im Dolby True HD Mix ist die Stimme dagegen immer vorne. Der Dolby Atmos Mix ist mitnichten frontlastig, es ist aber ein anderer Ansatz, weil man hier auch die Höhen bespielen will, sodass die hinteren Kanäle etwas von ihrer Wirkung verlieren. Interessant finde ich hier, dass die Flöte meist etwas höher angesiedelt ist, sodass man den Eindruck hat, Ian Anderson würde vor einem stehen.
Von der Räumlichkeit her würde ich den 5.1 Mix vorziehen, andererseits klingt der Dolby Atmos Mix etwas klarer. Was die generelle Klangqualität angeht, ist das Album aber nicht auf sehr hohem Niveau. Mir fehlt es an Brillanz. Es hört sich ein bisschen so an, als hätte man Watte in den Ohren. Das war übrigens auch schon bei THE ZEALOT GENE der Fall. Man könnte fast behaupten, Ian Anderson würde darauf bestehen, dass jeder das Album so hören soll, wie er es als 75-Jähriger wahrnimmt: mit verloren gegangenen hohen Frequenzen.
Wertung: 89 %
Vorhandene Tonformate:
Dolby Atmos
DTS (96 kHz / 24 bit) 5.1
PCM (96 kHz / 24 bit) Stereo
Vorbildlich: Das Album startet per Enter-Taste aus dem Menü direkt in Dolby Atmos. Will man doch den 5.1-DTS-Mix hören, geht es über die Audiotaste schneller als über das Menü.
Die Deluxe-Ausgabe von RÖKFLÖTE hat ungefähre LP-Größe und kommt somit in einem anderen Format als die vielen Reissues von Jethro Tull in den letzten Jahren. Das war bereits bei THE ZEALOT GENE so. Sieht natürlich etwas schicker aus, man kann es aber schlecht zu den anderen ins Regal stellen. Auf einer Bonus-CD gibt es alle Songs in Demoversionen zu hören. Auf der Blu-ray befindet sich dieses Mal wieder mehr Bonus. Neben dem Dolby Atmos und dem 5.1 Mix gibt es noch einen alternativen Stereomix von Bruce Soord sowie vom Stück Voluspo eine Alternativversion. Außerdem enthalten ist ein längeres Interview mit Ian Anderson mit einer Länge von über einer Stunde.
Aufwertung: + 1,5 %
Anspieltipp:
Wolf Unchained, Cornucopia
Der Gesamtsound schwächt ein wenig die Gesamtnote. Der Mix ist sehr diskret, wobei der 5.1 Mix diskreter als Dolby Atmos ist.
Pros / Cons:
+ sehr guter diskreter Surroundmix
+ Bonus-Material (+1,5 %)
+ High-Res (+1 %)
– Beim Gesamtsound Abzüge in der B-Note
GESAMTWERTUNG: 86 %
Erläuterungen zur Bewertung
Limited Deluxe Edition: Kostet zwischen 40 und 50 Euro und ist noch ohne Probleme zu bekommen.
Limited Deluxe Edition mit Doppelvinyl: Diese Version enthält neben dem Artbook auch noch 2 LP’s: 90-100 Euro.
Streaming: Der Dolby Atmos Mix kann auf Apple Music (und vermutlich Tidal) gehört werden. Bei Amazon Music Unlimited liegt das Album nur im alternativen Format 360 Reality Audio vor.
Stand: 06.06.2022
Links:
Offizielle Webseite von Jethro Tull
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