Musik in Surround-Sound? Warum?

 

Fast jeder hat schon mal von dem Begriff Surround-Sound gehört. Surround-Sound verbindet man im Allgemeinen mit Kino und Filmsound. Jeder dürfte in einem Kinosaal schon mal erlebt haben, wenn das Geräusch eines Hubschraubers aus dem hinteren Saal nach vorne übergeht und der Hubschrauber plötzlich auf der Leinwand erscheint.

Surround-Sound wurde mit Einführung der DVD auch in den heimischen vier Wänden populär, denn seit Mitte der 90er Jahre war es möglich, auch zu Hause die Geräuschkulisse zu erzeugen, die man sonst nur im Kino hört. Alles was man dazu brauchte waren fünf Lautsprecher, gegebenenfalls ein Subwoofer für die tiefen Töne und ein entsprechender Verstärker.

Beschäftigt sich also diese Webseite mit besonders guten Filmsounds? Definitiv nein, diese Seite beschäftigt sich mit Musik, die im Surround-Sound abgemischt worden ist. Hier rattern keine Rotorblätter beeindruckend durch das Wohnzimmer und es gibt auch normalerweise kein Videobild, welches man sich währenddessen ansehen kann. Alles was man hört ist pure Musik.

Während bei einer normalen Stereo CD oder LP die Musik ausschließlich von vorne kommt, taucht der Hörer bei Musik in Raumklang mitten ins Geschehen ein. Hier kommt ein Teil der Musik auch aus den restlichen Richtungen, von hinten, aber auch direkt von links oder von Rechts. Musikinstrumente werden gezielt im Raum platziert, sodass es viel einfacher als im Stereomix ist, bestimmten Passagen zu folgen und einzelne Musikinstrumente gezielt herauszuhören. Hört man ein lieb gewonnenes Musikalbum nach vielen Jahren das erste mal im Surround-Sound, hört man unweigerlich neue Nuancen heraus, die vorher im Stereomix untergegangen sind und kann so die bekannte Musik neu entdecken. Man hat zudem das Gefühl, als hätten sich die Musiker im Zimmer verteilt und würden dem Hörer ein Privatkonzert geben. Musik im Raumklang hilft, Musik wieder bewusst zu erleben, statt sie zu einer Begleiterscheinung zu degradieren, bei der man putzt, im Internet surft oder auf seinem Smartphone digitale Netzwerke bildet.

 

Eine kurze Geschichte vom Raumklang

 

Musik in Surround-Sound wurde über die Jahre in vielen verschiedenen Formaten angeboten. In den 70er Jahren waren es mehrere analoge Verfahren, die versuchten einen Markt für quadrophonische Musik zu öffnen. Als Tonträger waren das spezielle Vinyl-LPs und die vor allem in den USA verbreiteten 8 Spur Kassetten-Tonbänder. Beide Formate haben es nicht geschafft, zu überleben, was wohl in erster Linie damit zu tun haben dürfte, dass kaum jemand für ein paar Platten in neue Geräte und zusätzliche Lautsprecher investieren wollte. Stereo war noch recht neu, sodass viele Musikliebhaber erst kürzlich eine Stereoanlage gekauft hatten und nicht die Notwendigkeit sahen, wieder Geld auszugeben.

Das änderte sich in den 90er Jahren. Plötzlich war es en Vogue, ein Home Cinema zu haben. Spätestens mit der Einführung der DVD, auf der fast alle neu erscheinenden Filme im Surround-Sound gesehen werden konnten, war plötzlich die Bereitschaft da, viel Lautsprecherkabel zu verlegen. In der Musik genießt der Raumklang mit Ausnahme bei Konzert-DVDs aber weiterhin ein Schattendasein. Mit der Zeit sind zwar viele Formate aufgetaucht, die aber alle nicht wirklich lange überlebten. Die beiden Formate SACD (Super Audio CD) und DVD-Audio konnten sich nicht durchsetzen, weil sie erstens wie üblich bei neuen Tonträgern zunächst einmal gegeneinander einen Format-Krieg ausgeführt haben. Man musste sich als Konsument überlegen, welches Abspielgerät man holt. Zudem kamen beide Discs zu einem Zeitpunkt auf den Markt, als der MP3-Download bereits der normalen CD stark zusetzte. Musik im Raumklang zu hören, sich an einer bestimmten Sitzposition zu befinden und bewusst zu lauschen, was einem dargeboten wird, schien gegenüber der konsumfreundlichen MP3, die gerne im Hintergrund dahinplätschert, ein Anachronismus zu sein. Dies machte sich an den überschaubaren Absatzzahlen bemerkbar.

 

Surround-Sound heute

 

Musikalben im Surround-Sound werden nur selten und in kleinen Stückzahlen veröffentlicht. Und es fällt auf, dass es fast nie junge, hippe Bands sind, die ihre Alben in 5.1 anbieten, sondern eher die älteren Semester und da vor allem die, die stets Musik produziert haben, der man richtig zuhören muss, statt sie nebenbei abspielen zu lassen.

Der Aufwand ein Album in 5.1 herauszubringen ist beträchtlich, es muss alles neu abgemischt werden, was schon bei einer aktuellen Produktion ein langwieriger Prozess ist. Bei alten Alben ist das noch um einiges aufwändiger. Hier müssen alle alten Aufnahmen und Bänder aus dem Archiv geholt werden. Alle Spuren müssen anschließend eindigitalisiert werden. Und man muss natürlich wissen, welche Takes am Ende verwendet wurden. Wenn es keine Aufzeichnungen hierzu gibt, hilft nur raten und ein gutes Gehör. Es kann auch vorkommen, dass die alten benötigten Bänder verschollen sind. Hier hilft dann nur ein Upmix aus dem alten Stereomaster, welches dann aber nicht mehr so räumlich klingt, wie es hätte klingen können. Für solche Fälle gibt es die Penteo Upmix Software, die dennoch beeindruckende Ergebnisse liefern kann (zu hören z.B. auf Gentle Giants Octopus).

Die Fangemeinde an Surround-Sound-Musik ist klein, aber sie ist da. Und es scheint, dass trotz schnellkonsumierbaren Musikstreams und MP3-Downloads die Anhängerschaft langsam aber beträchtlich anwächst und auch die Veröffentlichung an neuen Alben zunimmt. Hier ist vor allem Steven Wilson mit seinen Remixen sehr fleißig, der nicht nur seine eigene Musik in 5.1 veröffentlicht, sondern auch bei vielen seiner Lieblingsbands nachgefragt hat, diese für sie neu abmischen zu dürfen. In den letzten Jahren hat Wilson viele Alben von King Crimson, Jethro Tull, Yes, XTC und Gentle Giant in 5.1 abgemischt. Zudem versucht die Musikindustrie die Pure Audio Blu-ray als Musikformat für audiophile Musikliebhaber, die nichts runterladen wollen, zu etablieren. Hierfür werden viele Alben, die vor etlichen Jahren schon mal als SACD, DVD-Audio oder gar als Quadrophonie-LP erschienen und längst vergriffen sind, wieder veröffentlicht.