Steven Wilson – The Future Bites


Erscheinungsjahr 2021 | Blu-ray Disc | Electronic

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THE FUTURE BITES ist das sechste Soloalbum des ehemaligen Porcupine Tree Frontmannes und Surround-Mix-Königs Steven Wilson. Aufgenommen wurde das Album zu großen Teilen bereits im Jahr 2019 und sollte ursprünglich im letzten Sommer herauskommen. Der Albumtitel wurde dann aber leicht prophetisch, die Zukunft biss erbarmungslos in Form des Corona Virus zu, sodass sich Wilson entschied die Veröffentlichung nach hinten zu schieben, auch weil die geplante Tour nicht möglich war.

THE FUTURE BITES ist nun Ende Januar erschienen und an Konzerte kann immer noch nicht gedacht werden. Durch die Verschiebung hatte Steven Wilson die Gelegenheit, das Album mit einem gewissen Abstand erneut zu betrachten. Er tauschte schließlich einen Song aus, der ursprünglich auf dem Album gelandet wäre. Count of Unease ist neu hinzugekommen und ersetzte Anyone But Me.

Thematisch beschäftigt sich das Album mit dem Konsum und wie das Konsumverhalten mittlerweile unser Leben beherrscht. Hier nimmt sich Steven Wilson unter anderem die teuren Super Deluxe Boxsets zur Brust, die er für Verschwendung hält, wobei er mit seinen vielen Remix-Arbeiten ja durchaus Teil der Maschinerie ist. Ihm geht es hierbei jedoch mehr um die unzähligen alternativen Takes von Songs, die solche Pakete erst anschwellen lassen, die man sich maximal einmal anhören würde. Etwas, was ich sehr gut nachvollziehen kann. In einem Interview kritisierte er stark die im letzten Jahr erschienene Box zu King Crimsons In The Court of the Crimson King, welche auf fast 30 CDs jede aufgenommene Note zum Album enthält. Es dürften in Zukunft noch mehr solcher Monster veröffentlicht werden.

Auch THE FUTURE BITES gibt es in einer teuren Deluxe Box. Da macht Steven Wilson selbst keine Ausnahme. Zudem wurde, um das Ganze auf die Spitze zu treiben, eine Luxus Ausgabe mit einer Stückzahl von 1 für 10000 Pfund angeboten, die nach wenigen Tagen einen mehr oder weniger glücklichen Käufer fand. Beide Boxen enthalten eine Blu-ray mit dem Surroundmix des Albums. Wer den ganzen Deluxe Kram nicht braucht und das Album nur in Surround besitzen möchte, kann zur Einzel Blu-ray greifen. Die hat mir auch voll und ganz genügt.

Steven Wilson The Future Bites Blu-ray


Tracklist:

1 Unself – 1:05
2 Self – 2:55
3 King Ghost – 4:06
4 12 Things I Forgot – 4:42
5 Eminent Sleaze – 3:52
6 Man of the People – 4:41
7 Personal Shopper – 9:49
8 Follower – 4:39
9 Count of Unease – 6:08

Gesamtdauer: 41:59


Die Musik:

Mit Porcupine Tree war Steven Wilson dem Progressive Rock zugeneigt. Auch seine ersten Soloalben werden noch diesem Genre zugerechnet. In den letzten Jahren machte Wilson aber eine Wandlung durch, die eigentlich alle Prog-Musiker durchgemacht haben. Für viele beinharte Prog-Jünger dürfte eine Welt zusammen gebrochen sein: Nein, nicht er auch noch!!! Auch Steven Wilson fand, dass es irgendwann mal genug war mit langen, epischen Songs, endlosen Instrumentaldarbietungen und absonderlichen Takt- und Harmoniewechseln. Stattdessen begibt er sich nun auf der Suche nach der Schönheit im Einfachen.

THE FUTURE BITES ist ein sehr eingängiges, elektronisches Album geworden, welches sich in die zeitgenössische Popmusik einsortiert. Zeitgenössisch ist vielleicht nicht ganz der richtige Ausdruck, denn eigentlich hat sich in den letzten 20 Jahren kaum mehr was musikalisch verändert. So könnte dieses Album auch schon zu Porcupine Tree Zeiten in etwa der Form von jemandem produziert worden sein. Zum Beispiel von Wilsons Mitproduzenten David Kosten.

Kosten ist es schließlich, der Steven Wilson auf THE FUTURE BITES davon abgehalten hat, in der Vergangenheit zu suchen. Auf seinen früheren Werken hatte man bei fast jedem Song eine Assoziation, an welche Band oder an welchen Musiker einen dieser eine Song erinnert, was ich auch schon des öfteren bemängelt habe. David Kosten hat Wilson dazu gedrängt, die entgegengesetzte Richtung zu wählen. Wenn etwas nach Kraftwerk klingt, wird es anders gemacht, wenn es dich an Pink Floyd erinnert, braucht man davon keinen neuen Aufguss. Und ja, das macht das Album eigenständig.

THE FUTURE BITES lässt aber weiterhin die DNA des Steven Wilson erkennen. Denn auch, wenn vieles in die poppigen und elektronischen Gefilde driftet, gibt es auch hier verschiedene Musikstile, bei denen sich Wilson bedient und das Album abwechslungsreich macht. Allerdings fehlen dem Album die Melodien, die wirklich hängen bleiben.

Wertung: 76 %


Besetzung:

Steven Wilson – vocals, guitars, keyboards, sampler, bass, percussion, programming,
David Kosten – programming, synthesizers, drums
Michael Spearman – drums, percussion
Nick Beggs – bass guitar, stick
Adam Holzman – keyboards
Richard Barbieri – synthesizers
Jason Cooper – cymbals and percussion
Elton John – spoken word
Bobbie Gordon, Crystal Williams, Wendy Harriott, Fyfe Dangerfield, Rotem Wilson, Blaine Harrison, Jack Flanagan – background vocals
The London Session Orchestra on „Eminent Sleaze“


Der Surroundmix:

THE FUTURE BITES ist das erste Steven Wilson Album, welches auch in einer Dolby Atmos Abmischung vorliegt. Hier hatte ich wieder die Gelegenheit, mir das Album auch in dieser Tonoption anzuhören. Über den Atmos-Mix lässt sich sagen, dass Wilson durchaus die neue Technik einzusetzen vermag. Mehrstimmiger Gesang und Synthieflächen vermitteln manchmal den Eindruck, über dem Hörer zu schweben. Auch bei umher schwirrenden Geräuschen prahlen diese scheinbar von Wänden und Decken ab, um so eine andere Richtung einzuschlagen. Manchmal hatte ich aber auch den Eindruck, dass der Mix etwas unausgewogen klang. Es mag an den nach oben feuernden Reflex-Lautsprechern liegen, die meiner Meinung nach das Atmos-Sounderlebnis nur unzureichend abdecken können.

Besser gefällt mir daher der normale 5.1 Mix. An den für elektronische Musik üblichen Sequenzer-Spuren hatte Steven Wilson mit Sicherheit sehr viel Spaß, diese dynamisch im Raum umherschwirren zu lassen. Laute und leise synthetische Sounds findet man zuhauf auf dem Album, auch wenn man oftmals den Eindruck gewinnt, dass es relativ minimalistisch arrangiert ist und außer Drums, Bassspur und Gesang kaum was passiert. Bei diesen Stellen, wo dann wirklich nur wenig passiert, wird das Album etwas frontlastiger. Dies ist in der Regel zu Beginn einiger Songs so, aber spätestens wenn der mehrstimmige Chorgesang einsetzt, der seitlich und hinten zu hören ist, wird die Musik wieder raumfüllend.

Highlight im Mix ist der zentrale Song des Albums Personal Shopper, der mit fast 10 Minuten dann schon wieder in progressive Längen reicht. Die Überlänge liegt an der – vielleicht etwas zu langen – Bridge, in der Elton John eine Einkaufsliste vorliest, die jeder, der das nötige Geld hat und sich für Hip hält, in der Jackentasche haben dürfte. Eltons Aufzählung erfolgt hier zumeist von vorne aus dem Center, gelegentlich kommen aber weitere Stimmen in den Rears hinzu, die sich immer weiter steigern. Schließlich gibt es als großes Finale in dem Song ein schräges, atonales Synthsolo, welches mit den Raumwänden Gummiball spielt.

Wertung: 94 %


Vorhandene Tonformate:
Dolby Atmos
DTS HD Master 5.1
LPCM 96/24 5.1
LPCM 96/24 2.0
 

Album starten:

Die Navigation ist ein mittleres Ärgernis. Nach dem Label-Vorspann erklingt das Album mittels Enter-Taste nur in Stereo. Über die Audiotasten kann auf DTS oder PCM in 5.1 umgeschaltet werden. Aber nicht in Dolby Atmos. Für Dolby Atmos benötigt man folgende Kombination im Menü:

Dolby Atmos: DOWN > DOWN > DOWN > ENTER

Steven Wilson The Future Bites Blu-ray Menu

Atmos: DOWN > DOWN > DOWN > ENTER

 

Will man aus dem Menü direkt ohne visuelle Unterstützung den 5.1 Mix ansteuern, sollte man es besser bleiben lassen:

DTS 5.1.: DOWN > DOWN > ENTER > DOWN > ENTER > UP > UP > ENTER

PCM 5.1.: DOWN > DOWN > ENTER > DOWN > DOWN > ENTER > UP > UP > ENTER

Abwertung: – 3 %


Bonusmaterial:

Neben den obligatorischen Instrumentalversionen (in Stereo) gibt es noch drei Musikvideos auf der Blu-ray.

Aufwertung: + 1 %


Anspieltipp:

Personal Shopper


Fazit:

Qualitativ ein Surroundmix, wie man ihn von Steven Wilson erwartet. Musikalisch dürfte er den einen oder anderen Fan vor den Kopf stoßen.

Pros / Cons:
+ sehr gute Abmischung
+ High Resolution (+1 %)
+ Instrumentalversionen und Musikvideos als Bonus (+1%)
– Navigation gab es schon mal besser (-3 %)

 

GESAMTWERTUNG: 88 %

Erläuterungen zur Bewertung

Verfügbarkeit:

Blu-ray: Ist noch ohne Probleme zu bekommen, Kostenfaktor: ca 17 Euro

Deluxe Edition: Hat um die 90 Euro gekosten. Dürfte mittlerweile vergriffen sein.

Stand: 13.02.2021

 


Links:

Offizielle Seite von Steven Wilson

 

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