Thin Lizzy – 1976
Erscheinungsjahr 1976 (2024) | Blu-ray Disc | Hard Rock
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Heute gibt es mal wieder ein sogenanntes Double Feature, indem ich gleich zwei Alben vorstellen werde. Vor einigen Wochen erschien ein Boxset mit dem Titel 1976, welches die beiden in jenem Jahr erschienenen Alben JAILBREAK und JOHNNY THE FOX von Thin Lizzy abdeckt.
Das Album JAILBREAK erschien als erstes und zwar am 26. März 1976. Es war die letzte Chance für die Band um Phil Lynott im Musikbusiness Fuß zu fassen. Bisher war Thin Lizzy alles andere als erfolgreich und die Plattenfirma verlor langsam die Geduld. Sie schafften mit dem Album in der Tat den Turnaround, was vor allem an dem Song The Boys Are Back in Town liegt, der es in vielen Ländern in die Top Ten schaffte.
Die anschließende Tour sollte die neue Popularität weiter ankurbeln, doch diese musste zum Teil abgesagt werden, weil Lynott an Hepatitis erkrankte. Stattdessen ging man wieder früher ins Studio als beabsichtigt. Das Ergebnis ist schließlich JOHNNY THE THE FOX, welches im Oktober 1976 erschienen ist. Zumindest in Groß Britannien konnte Thin Lizzy damit an die Erfolge des Vorgängers anknüpfen.
Das Boxset 1976 enthält neben beiden Alben auch viele Raritäten und Livemitschnitte. Es besteht aus 5 CDs und einer Blu-ray. Auf letzterer befinden sich beide Alben in Dolby Atmos. Die Mixe hat Richard Whittaker erstellt, der auch im letzten Jahr für den Atmos Mix von VAGABONDS OF THE WESTERN WORLD verantwortlich war. Zusätzlich dazu erschien im SDE-Shop eine exklusive Blu-ray mit beiden Mixen. Meine Wahl fiel auf diese Einzel-Blu-ray, was sich allerdings ein wenig als Fehler herausstellte, da das große Boxset gar nicht mal so viel teurer war.
Tracklist:
JAILBREAK:
1 Jailbreak – 4:31
2 Angel from the Coast – 3:20
3 Running Back – 3:06
4 Romeo and the Lonely Girl – 3:52
5 Warriors – 4:05
6 The Boys Are Back in Town – 4:27
7 Fight or Fall – 3:03
8 Cowboy Song – 5:16
9 Emerald – 4:03
Gesamtdauer: 35:52
JOHNNY THE FOX:
1 Johnny – 4:23
2 Rocky – 3:41
3 Borderline – 4:32
4 Don’t Believe a Word – 2:18
5 Fool’s Gold – 3:51
6 Johnny the Fox Meets Jimmy the Weed – 3:42
7 Old Flame – 3:08
8 Massacre – 2:58
9 Sweet Marie – 3:55
10 Boogie Woogie Dance – 3:08
Gesamtdauer: 35:37
Thin Lizzy entwickelte ihren Sound über die Jahre hinweg entscheidend weiter. Frühe Alben wie SHADES OF A BLUE ORPHANAGE (1972) und VAGABONDS OF THE WESTERN WORLD (1973) zeigten eine klare Verwurzelung in Blues und Folk-Rock. Mit einem raueren, experimentellen Stil und lockeren Songstrukturen suchte die Band damals noch ihren Weg, was diesen Werken einen unverwechselbaren, ungeschliffenen Charme verleiht.
Mit JAILBREAK und JOHNNY THE FOX gelang Thin Lizzy schließlich der große Durchbruch. Die Band rückte den Hard Rock in den Vordergrund, verfeinerte ihre Songstrukturen und setzte auf eingängige Refrains. Besonders die klarere Produktion und die Einführung der charakteristischen Dual-Lead-Gitarrenarbeit von Scott Gorham und Brian Robertson prägten den Sound. Diese harmonischen Gitarrenarrangements hoben die Band von ihren Zeitgenossen ab und wurden zu ihrem Markenzeichen.
JAILBREAK machte die Band mit seinen Hits The Boys Are Back in Town und Jailbreak bekannt, die durch ihre dynamischen Riffs und Phil Lynotts eindringliche Texte zum Inbegriff des Hard Rocks wurden. Das Album ist energiegeladen, riffbasiert und glänzt mit melodischen Soli, was es zu einem Eckpfeiler des Genres macht.
JOHNNY THE FOX zeigte dagegen eine experimentellere Seite von Thin Lizzy. Die Band integrierte Elemente aus Funk und Soul, ohne ihren rockigen Kern zu verlieren. Songs wie Johnny the Fox Meets Jimmy the Weed und Don’t Believe a Word verdeutlichen die stilistische Bandbreite und Lynotts Talent als Geschichtenerzähler. Das Album verbindet kraftvolle Rock-Elemente mit weicheren, groove-orientierten Passagen, die den tiefgründigen Texten zusätzlichen Raum geben.
Zudem holte Thin Lizzy für JOHNNY THE FOX auch vermehrt Gastmusiker ins Studio. So sind hier im Gegensatz zu JAILBREAK auch Bläser und Streicher zu hören. Außerdem gibt es auf diesem Album eine doppelte Verbindung zu Genesis. Phil Collins spielt auf dem Album Percussions, der mit Phil Lynott befreundet war. Zudem ist Kim Beacon beim Hintergrundgesang zu hören, der einige Jahre später auf dem ersten Soloalbum von Tony Banks A CURIOUS FEELING die Lead Vocals übernahm.
Wertung: JAILBREAK: 87 % / JOHNNY THE FOX: 82 %
Besetzung:
Phil Lynott – bass guitar, acoustic guitar, vocals
Scott Gorham – lead guitar, guitars
Brian Robertson – lead guitar, guitars
Brian Downey – drums, percussion
Tim Hinkley – keyboards (JAILBREAK)
Fiachra Trench – brass and string arrangements (JOHNNY THE FOX)
Phil Collins – percussion (JOHNNY THE FOX)
Kim Beacon – backing vocals (JOHNNY THE FOX)
Im Internet stieß der Dolby-Atmos-Mix von JAILBREAK und JOHNNY THE FOX auf gemischte Reaktionen, was für mich etwas überraschend ist. Beide Mixe sind meiner Meinung nach definitiv besser, als ihr Ruf es vermuten lässt. Natürlich darf man kein immersives Feuerwerk wie bei elektronischen oder poppigen Produktionen erwarten. Doch selbst für Classic-Rock-Standards bietet die räumliche Verteilung eine mehr als zufriedenstellende Qualität. Besonders in den oberen Ebenen ist fast durchgehend viel Aktivität wahrnehmbar. Dies könnte der Grund sein, warum viele vom Mix enttäuscht sind, da sie das Album nur im traditionellen 5.1-Format hören können.
Die Rhythmusgitarren sind in den meisten Tracks schön im Raum verteilt, sodass man sich in einer regelrechten „Sound-Bubble“ wiederfindet. Die Gitarrenriffs werden oft über die gesamte Klanghöhe eingesetzt, was dichte Gitarrenwände schafft. Bei genauem Hinhören fällt auf, dass mehrere Gitarrenspuren im Raum positioniert werden. Es werden nicht einfach die vorderen Gitarren 1:1 nach hinten kopiert, damit es räumlicher klingt. Leadgitarren und Soli werden häufig von oben wiedergegeben, was den Songs eine besondere Dynamik und im wahrsten Sinne des Wortes die Krone aufsetzt.
Gelegentlich tauchen auch Effekte auf, meist Echo-Effekte auf Gesangsspuren, die sich gerne im hinteren Bereich des Raums bewegen. Ein besonderes Highlight ist der Titelsong Jailbreak, bei dem typische Geräusche eines Gefängnisausbruchs wie Polizeisirenen und Alarmkligeln im Raum verteilt werden und so für eine immersive Atmosphäre sorgen.
Beim Vergleich der beiden Alben wirkt JOHNNY THE FOX stellenweise räumlicher als JAILBREAK. Allerdings gefällt mir der Gesamtsound von JAILBREAK etwas besser. Bei einzelnen Tracks von JOHNNY THE FOX hatte ich den Eindruck, dass sie etwas schwächer klingen. Insgesamt klingen jedoch beide Alben für ihr Alter bemerkenswert gut.
Zu den Highlights von JAILBREAK zählt Running Back, das mit einem schönen E-Piano in den hinteren Kanälen überzeugt, sowie Fight or Fall und Cowboy Song, die vor allem in den Gesangspassagen mit einer räumlichen Tiefe punkten.
Auf JOHNNY THE FOX stechen der Titelsong hervor, dessen Bass den gesamten Raum dominiert, und Sweet Marie, das mit einer Vielzahl an Gitarrenspuren im Raum beeindruckt. Besonders der Chorgesang kommt hier ebenfalls hervorragend zur Geltung.
Wertung: JAILBREAK: 92 % / JOHNNY THE FOX: 91 %
Vorhandene Tonformate:
Dolby Atmos
DTS HD Master 5.1
LPCM 96/24 2.0
Drücken auf Enter genügt, um den Atmos Mix von JAILBREAK zu starten. Will man stattdessen JOHNNY THE FOX hören, muss man nach Laden der Blu-ray und des Menüs einmal nach unten navigieren und zweimal die Entertaste betätigen. Leider ist es sehr umständlich, dieses Album nach dem Hören von JAILBREAK zu starten, da man im Untermenü von JAILBREAK bleibt und dort erst raus muss. Ob dies auch auf der Blu-ray des Boxset so ist, kann ich nicht sagen.
JAILBREAK: Enter
JOHNNY THE FOX: DOWN > ENTER > ENTER
JOHNNY THE FOX (im Anschluss an JAILBREAK hören): UP > ENTER > DOWN > ENTER > ENTER
Abwertung: – 2%
Ich habe nur die Einzel-Blu-ray, daher bewerte ich an dieser Stelle nur den Inhalt der SDE-Ausgabe. Auf der Blu-ray liegen beide Alben auch in 5.1 vor, es gibt einen neuen Stereomix und auch den Originalmix von 1976. Außerdem enthalten sind Instrumental Mixe.
Aufwertung: + 1%
Anspieltipp:
Running Back, Fight or Fall, Johnny The Fox Meets Jimmy The Weed, Sweet Marie
Insgesamt haben beide Alben Dolby Atmos Mixe, die zu Hard Rock anno 1976 prima passen. Spektakel gibt es bei anderen Genres.
Pros / Cons:
+ Insgesamt gelungener Mix in Dolby Atmos.
+ High Resolution (+1 %)
+ Bonusmaterial auf der Blu-ray (+1 %)
– Das Menü hätte man etwas schlauer machen können, z.B. Auswahl der jeweiligen Alben durch Farbtasten (warum können das andere?) oder durch Vorauswahl des zweiten Albums, nachdem das erste gehört wurde. (-2%)
GESAMTWERTUNG: 89 %
Erläuterungen zur Bewertung
Einzel-Blu-ray SDE-Series „27“: Diese Ausgabe ist natürlich längst vergriffen und jenseits der 50-60 Euro erhältlich.
Deluxe Box: Die Deluxe Edition mit 5 CDs und einer Blu-ray gibt es für unter 60 Euro, allerdings nicht mehr überall…
Streaming: Den Dolby Atmos Mix beider Alben gibt es auch im Streaming bei Apple Music, Amazon Unlimited und Tidal zu hören.
Stand: 23.11.2024
Links:
Offizielle Webseite von Thin Lizzy