Tangerine Dream – Ricochet


Erscheinungsjahr 1975 | Blu-ray Disc | Electronic

Springen zu:  Musik  |  Surroundmix  |  Albumstart  |  Bonusmaterial  |  Fazit  |  Verfügbarkeit

Neben Phaedra und dem bisher unveröffentlichten Oedipus Tyrannus ist RICOCHET das dritte Album, von dem die Mastertapes in den Archiven der deutschen Elektronik-Pioniere Tangerine Dream gefunden werden konnten. Steven Wilson konnte somit von diesem Album einen Surroundmix erstellen, der neben den beiden anderen Alben Bestandteil der üppigen Box mit der Retrospektive der Jahre 1974-1979 und dem Titel In Search Of Hades ist. Mehr zu dem Box-Set (siehe Bild unten) hier.

RICOCHET ist das dritte Album von Tangerine Dream, welches bei Virgin erschienen ist. Es wurde ursprünglich im Dezember 1975 veröffentlicht, einige Monate nach dem Album Rubycon. RICOCHET gilt als Livealbum, was man allerdings ein wenig relativieren muss.

Tangerine Dream haben zu dieser Zeit auf ihren Konzerten rein improvisiert. Hinter der Bühne entschieden sie in welcher Tonart sie starten wollten, der Rest ergab sich von selbst. Synthesizer und sonstige Tasteninstrumente wie Mellotron, E-Piano, Orgeln sowie Edgar Froeses E-Gitarre erkundeten musikalische Bereiche, die nie ein Mensch davor oder danach gehört hat. Und das fast jeden Abend neu. Aus der Zeit kursieren viele Bootlegs. Fans wollten die Musik, die nur für einen Abend existiert, konservierbar machen. Vor etwa 15 Jahren wurden diese Livemitschnitte in der Serie Tangerine Tree unter Fans auf CD-Rs getauscht und verteilt. Es gibt da insgesamt 94 (!) Teile der Serie.

Da die Band vermutlich jedes Konzert mitschnitt, konnte sie für RICOCHET Material ihrer gesamten Tournee von 1975 verwenden. Das waren insgesamt über 40 Stunden. Allerdings hat man während der Konzerte auf Albumlängen gepfiffen, sodass Stücke gerne mal über eine Stunde gehen konnten. Zudem war die Band mit ihrer Performance wohl nicht wirklich zufrieden, sodass RICOCHET zumindest im ersten Part eine reine Studioaufnahme ist. Die Komposition soll zwar schon größtenteils ihren Ursprung in einem Livekonzert gehabt haben, aber man wollte dies dann doch lieber noch einmal sauber einspielen und einige Dinge hinzufügen, die man auf der Bühne nicht machen konnte.

Part 2 des Albums enthält zwei Teile, die wirklich live aufgenommen wurden und zwar am 23. Oktober 1975 in Croydon. Dieses Konzert ist Teil 7 der besagten Tangerine Tree Serie und kann dort ungekürzt gehört werden. Für das offizielle Album wurden zwei Sequenzen, von etwa jeweils zehn Minuten Dauer, mit einer Bridge aus gesampleten und geloopten Stimmen (wenn man Anno 1975 überhaupt schon von Sampling sprechen kann) verbunden.


Tracklist:

1 Part One – 17:02
2 Part Two – 21:13

Gesamtdauer: 38:31


Die Musik:

Auf dem Album befinden sich insgesamt zwei Stücke, die jeweils eine Plattenseite lang sind. Das erste Stück Part One, welches im Studio aufgenommen wurde, klingt für die damaligen Verhältnisse von Tangerine Dream etwas ungewöhnlich. Hier gibt es längere Sequenzen, die von einem (echten) Schlagzeug dominiert werden. Dieses wird von Chris Franke gespielt, der vor der Bekehrung zum Synthesizer Schlagzeuger in diversen Bands war. Es ist kein rhythmisches Spiel im Viervierteltakt, vielmehr ist es ein langes Schlagzeugsolo, bei dem eben noch eine Menge Synthesizer zu hören sind. Das Schlagzeug dürfte definitiv eine Studio-Idee sein, denn ein Drumset gab es live auf der Bühne nicht. Ungewöhnlich ist zudem auch der häufige Einsatz der E-Gitarre im ersten Stück.

Spätestens im zweiten Stück, welches dann doch aus Livematerial besteht, hört man dann den Tangerine Dream Sound, den die Band bereits auf den letzten beiden Alben aufbaute und auf den Livekonzerten und dem Album RICOCHET dann perfektionierte. Es gibt unzählige repetitive Sequenzer Melodien in unterschiedlichen Geschwindigkeiten, die eine hypnotische Anziehung verursachen. Dazu gibt es immer wieder mal einzelne Akkorde auf diversen Instrumenten oder dezente Melodiebögen in seltsamen, mystischen Stimmungen.

TAngerine Ricochet Surround Rezension

Wertung: 93 %


Besetzung:

 Edgar Froese – keyboards, guitar
Chris Franke – keyboards, drums
Peter Baumann – keyboards


Der Surroundmix:

Livealben und Konzertfilme in Surround Sound klingen meistens so, dass Publikumsgeräusche in alle Kanäle verteilt sind, während die Musik dann doch meistens von vorne kommt. Das ist durchaus richtig so, denn immerhin gibt es mit der Bühne einen Bezugspunkt und es würde dann etwas merkwürdig klingen, wenn eine Gitarre plötzlich hinten erklingt, wo die Musik doch vorne spielt. Wie ist das denn nun bei RICOCHET?

Nun ja, da RICOCHET nur sehr eingeschränkt als Zeugnis einer Livedarbietung herhalten kann, kann man hier eigentlich auf diese Konventionen pfeifen. Und das hat Steven Wilson dann auch gemacht. Der wenige Applaus, den man auf diesem Album hört (z.B. am Ende) klingt alles andere als räumlich, der kommt eher frontal. Die Musik ist wie bei den beiden anderen Alben der Box wieder völlig und diskret im gesamten Raum verteilt.

Das ist beim ersten Part nicht weiter verwunderlich, dass Steven Wilson hier ganze Arbeit abliefern konnte, denn immerhin ist das wie erwähnt eine Studioaufnahme, bei der eben viele Spuren und Overdubs im Raum verteilt werden konnten. Bei den beiden wirklich verwendeten Livemitschnitten in Part Two ist dies aber etwas problematischer. Die Livemitschnitte wurden auf einem Vierspur-Rekorder festgehalten. Jeder der drei Musiker hatte mit seinem kompletten Instrumenten-Rack eine Spur zu Verfügung, die vierte Spur wurde für das Publikum verwendet. Wilson hatte somit ganze drei Spuren, die er im Raum verteilen konnte. Dies fällt überhaupt nicht auf, vermutlich weil auch hier einiges noch im Studio nachträglich hinzugefügt wurde.

Lediglich die kurzen Intros der beiden Stücke klingen etwas weniger räumlich, was aufgrund der dort gespielten wenigen Instrumente nun nicht wirklich verwunderlich ist. Der Rest des Albums ist dagegen wieder ein Feuerwerk aus allen Zimmerecken. Die rhythmischen synthetischen Arpeggios sind zunächst in den vorderen Kanälen zu hören und werden durch weitere Arpeggios, sowie Sounds diverser Tasteninstrumente und Gitarren in den hinteren Kanälen unterstützt. Man findet sich als Hörer sehr schnell inmitten eines musikalischen Kosmos wieder.

Wertung: 95 %


Vorhandene Tonformate:
DTS 5.1  96/24
LPCM 96/24 5.1
 

Album starten:

Auf der zweitem Blu-ray der Box gibt es neben dem Album noch zwei Videodokumnte aus den 70ern. Das Album ist im Menü an erster Stelle vorausgewählt, sodass es genügt, die Enter-Taste zu drücken.


Bonusmaterial:

Die Box In Search of Hades beinhaltet die Alben der Jahre 1974-1979, Unmengen an nicht veröffentlichtem Material, drei Alben in Surround Sound und zwei längere TV-Sendungen aus den 70ern. Von der Tour 1975 gibt es das Konzert von der Ryal Albert Hall. Da das alles eine üppige (teure) Box ist, ist das kein wirklicher Bonuscontent zu einem Album in Surround Sound. Aus dem Grund keine Zusatzpunkte.

 


Anspieltipp:

Part One, Part Two


Fazit:

Das Album ist ein elektronischer Meilenstein. Der Surroundmix wird ihm gerecht.

Pros / Cons:
+ Sehr guter Surroundmix, kein typischer Live-Konzert-Mix
+ leichter Albumstart
+ High Resolution (+1 %)

 

 

GESAMTWERTUNG: 95 %

Erläuterungen zur Bewertung

Verfügbarkeit:

Boxset mit Blu-rays: Die Box in Search of Hades kostet ca. 150 Euro und ist knapp ein Jahr nach Veröffentlichung noch immer zu bekommen.

Stand: 17.08.2020

 


Links:

Offizielle Seite von Tangerine Dream

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert