Steven Wilson – The Harmony Codex


Erscheinungsjahr 2023 | Blu-ray | Electronica / Art Rock / Progressive Rock / uvm.

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Von Mike W. K.

THE HARMONY CODEX – THC. THC bedeutet auch Tetrahydrocannabinol. Das ist aber etwas anderes. Hier geht es um das neue Album von Steven Wilson. Er hat bereits in seiner Autobiografie „Limited Edition of One“ durchblicken lassen, wie das kommende Album heißen könnte. Das Buch liegt bei mir aber noch auf dem „zu lesen“ Stapel.

Zum Album: Es begann mit einem Hindernis bei mir. Der Player wollte nicht starten. Klappe auf, Blu-ray rein, auf das Sofa gesetzt und mit dem Zappomat das Laufwerk schließen. Nichts. Es passierte einfach nichts. Dabei hatte ich letzte Woche noch eine DVD geguckt (Robert Reed – Sancturary live, sehr schön, sollten wir auch einmal rezensieren). Was war die Ursache? Batterien in der Fernbedienung! Die waren gerade dabei auszulaufen. Ich konnte sie noch rechtzeitig wechseln, bevor sie die Kontakte korrodieren. Gab es nicht einmal Werbung für Batterien, die nicht auslaufen? Das ist bestimmt lange her.

Also Start: Menu, Play. DolbyTrueHD Multi (Atmos ist vorausgewählt), das bedeutet downmix (oder downfold) auf 5.1 bei mir. Funktioniert ausgezeichnet als Vorgriff.

Steven Wilson The Harmony Codex Deluxe Edition


Tracklist und Mitwirkende:

1. Inclination 7:15
Steven Wilson (SW) – Vocals, Piano, Synthesizer ARP 2600, Programming
Ninet Tayeb – Backing Vocals
Pat Mastelotto – Drums, Percussion
Adam Holzman – Electric Piano, Modular Synth
Theo Travis – Flute
Nate Navarro – Fretless Bass (er war bei Porcupine Tree live mit auf Tour 2022)
Niko Tsonev – Additional Guitar
David Kollar – Guitar and Solo
David Kosten – Additional Production & Programming
Nils Petter Molvær – Trumpet
Jack Dangers – Vocoder, Synth, Drum Machine

2. What Life Brings 3:40
Steven Wilson – Vocals, Piano, Acoustic Guitar, Synthesizers Moog Sub 37/Solina Strings, Hammond Organ, Percussion, Electric Guitar and Solo
Backing Vocals – Ninet Tayeb
Guy Pratt – Bass (Schwiegersohn von Richard Wright, hat Pink Floyd ’87 … ’94 auf Tour begleitet)
Craig Blundell – Drums

3. Economies Of Scale 4:17
Steven Wilson – Vocals, Piano, Acoustic Guitar, Bass, Strings, Voice, Voice Sample, Programming
Adam Holzman – Synth

4. Impossible Tightrope 10:42
Steven Wilson – Vocals, Piano, Acoustic Guitar, Bass, Strings, Synthesizers Moog Sub 37/ARP 2600/Cobalt 8/Solina Strings, Electric Guitar, Harp, Electric Piano, Hammond Organ, Programming
Nate Wood – Drums
Niko Tsonev – Electric Guitar
Adam Holzman – Electric Piano, Soloist
David Kollar – Ambient Guitar
Lee Harris – Psychedelic Guitar
Theo Travis – Saxophone
Ben Coleman – Violin (war bei No-Man mit dabei)

5. Rock Bottom 4:25
Steven Wilson – Vocals, Piano, Strings, Electric Guitar, Horns, Synthesizers: Moog Sub 37/Prophet VI/Cobalt 8
Craig Blundell – Drums
Adam Holzman – Electric Organ, Wurlitzer
Niko Tsonev – Guitar Solo
David Kosten – Producer/Additional Production
Josef E-Shine – Additional Production & Sounds
Ninet Tayeb – Vocals, Guitar

Steven Wilson The Harmony Codex Deluxe Edition

6. Beautiful Scarecrow 5:21
Steven Wilson – Vocals, Piano, Strings, Electric Guitar, Electric Piano, Synthesizers Moog Sub 37/Solina Strings, Hand Percussion, Programming
Nick Beggs – Chapman Stick
Craig Blundell – Drums & Drum Programming
Theo Travis – Duduk
David Kosten – Additional Production
Jack Dangers – Additional Sounds & Beats
Jason Cooper – Toms
Adam Holzman – Modular Synth Loop

7. The Harmony Codex 9:50
Steven Wilson – Strings, Synthesizers Moog Sub 37/ARP 2600/Prophet VI//Cobalt 8, Plucked Piano, Bass
Rotem Wilson – Voice
Adam Holzman – Electric Piano

8. Time Is Running Out 3:57
Steven Wilson – Vocals, Piano, Synthesizers Moog Sub 37/Solina Strings/Prophet VI, Celesta, Acoustic Guitar, Bass, Programming
Niko Tsonev – Guitar Solo
David Kosten – Additional Production

9. Actual Brutal Facts 5:05
Steven Wilson – Vocals, Electric Guitar, Electric Piano, Mellotron, Synthesizers Moog Sub 37/Solina Strings, Sounds, Programming
Nate Navarro – Bass
David Kollar – Guitar Solo
Craig Blundell – Hihat, Percussion
Adam Holzman – Piano
Jack Dangers – Reverse Piano Chord, Programming
David Kosten – Additional Production

10. Staircase 9:26
Steven Wilson – Vocals, Piano, Strings, Synthesizers Moog Arpeggiator/Solina Strings/Cobalt 8, Hammond Organ, Horns, Bass, Programming
Nick Beggs – Chapman Stick
Craig Blundell – Drums
Samuel Fogarino – Drums
Niko Tsonev – Electric Guitar & Solo
David Kosten – Additional Production & Programming
Adam Holzman – Synthesizer, Loops, Moog Solo
Rotem Wilson – Voice


Die Musik:

Dieses Album ist bezüglich seiner Songs sehr, sehr unterschiedlich. Es gibt alles. Electronica, Jazz, Pop, Rock, Instrumentales sowie einen Song (Rock Bottom), bei dem gehen die Credits an Ninet Tayeb. Hut ab Herr Wilson, der diesmal unglaublich viele Leute involviert hat und denen auch ziemlich viel Einflussnahme gewährte. War er nicht als Kontrollfreak bekannt bzw. betitelte sich in früheren Interviews selbst so? Mit Sicherheit hat dies auch zu dieser fast überbordenden Vielfalt beigetragen. Es kann sein, dass dieses Album deswegen ebenfalls zu Kontroversen führt. Egal. Daher gehe ich bei der Beschreibung etwas anders vor als sonst. Ich versuche die Songs den verschiedenen Genres zuzuordnen. Das gelingt nicht immer.

1. Inclination – Abgedrehte Electronica

2. What Life Brings – Art Pop/Art Rock vom Feinsten, Schlagzeug ist vorne bis mittig.

3. Economies of Scale – Electronica, irgendwie höre ich Grace for Drowning und The Future Bites durch, beim Gesang aber auch Hand Cannot Erase; es gibt ein recht schönes Tanzvideo dazu, auf dem Steven Wilson einen Cameoauftritt hat.

4. Impossible Tightrope – Progressive Rock? Hier wirken bekannte und neue Musiker mit, z.B. Niko Tsonev, den ich live bei meinem ersten SW Konzert 2012 in Köln gesehen habe, Adam Holzman, Theo Travis, Ben Coleman (No-Man!), aber auch Nate Wood, Lee Harris und David Collar, die ich im Zusammenhang mit SW noch nicht kannte.

5. Rock Bottom – Ninet singt die Lead Vocals und spielt Gitarre, d.h. sie singen zu zweit. Eine schöne Soft-Rock-Nummer.

Steven Wilson The Harmony Codex Deluxe Edition

6. Beautiful Scarecrow – Eine schöne Vogelscheuche? Fette Synthies zu Beginn in den Rears. Neben Elektronik gibt es Streicher, echtes Schlagzeug, Duduk und Nick Beggs Chapman Stick. Vom Genre für mich recht schwer einzuordnen, was SW bestimmt freuen wird.

7. The Harmony Codex – ist ein raffiniertes elektronisches Stück, ev. dem Genre Drone zuzuordnen. Am ehesten könnte ich das zu Bass Communion einordnen, aber sehr melodisch wie seine Bass Communion Drugged Part 1, 2 und 3 Stücke. Die Akkorde/Arpeggios ändern sich laufend etwas und wiederholen sich nicht, immer ist etwas ein wenig anders. Am Anfang mag das dem einen oder anderen langweilig vorkommen, ist es aber nicht. Einfach genau hinhören. Und dabei Chillen. Der Text wird von seiner Ehefrau Rotem gesprochen.

8. Time Is Running Out – Electronic Pop? Auch dieser Song ist wieder schwer, einem Genre zuzuordnen. Das ist, wie nicht anders erwartet, typisch für Wilson.

9. Actual Brutal Facts – Sprechgesang, Rap? Nein, das nicht. Eher erzählend: „And when you turn the shit to gold it’s not appreciated“. Bei dem Song werde ich an sein erstes Soloalbum Insurgentes erinnert. Alternative Rock als Genre?

10. Staircase – Auffallend sind für mich die elektronischen Drums in den Rears. Die „richtigen Drums“ sind – wie SW sie oft mischt – so, dass man den Eindruck hat, mitten drin zu sitzen. Ich ordne diesen Song dem Prog-Rock zu.

Zur Musik: das Album wächst und gewinnt mit jedem Hören. Es wird jedes Mal interessanter. Zwar ist es nicht mein Lieblings-SW-Album, aber das ist nur Jammern auf hohem Niveau. Die Wertung wird sich wahrscheinlich nach weiteren Hördurchgängen noch erhöhen können.

Wertung:  92 %



Surroundmix und Sound:

Zum Mix: ich habe jetzt den Atmos „downfold“ zu 5.1 gehört (ich habe kein Atmos), es gibt aber auch eine dedizierte 5.1 Spur. Im Vergleich ist der 5.1 Mix schon ähnlich, etwas lauter als der 7.1.4 Atmos Mix. Welcher besser von den beiden auf einer 5.1 Anlage klingt? Beide!

Ich glaube, nur wenige seiner Mixes sind noch besser. Vielseitig, diskret, unglaublich gut klingend. Auch ist mein Subwoofer beschäftigt. Wilson nutzt ihn wie üblich als LFE = low frequency extension und nicht für effects. Er mischt im Gegensatz zu James Guthrie (diverse Pink Floyd Surround Alben) auf kleineren Lautsprecherboxen, die eben nicht so weit herab reichen. Es ist ordentlich Bass da, gerade bei elektronischen Beats kann das oft zu unangenehmen Dröhnen führen, hier aber nicht. SW hat den Subwoofer sehr gut unter Kontrolle.

Auch hat das Album sehr viel Dynamik, also wieder ordentlich aufdrehen! Das macht Spaß und ermüdet in keinster Weise. Es ist nur noch die Frage zu klären, ob ich 95%, 98% oder 100% vergebe. Steven ist ein Meister seines Fachs. Definitiv High End! Und hat mindestens eine Grammy-Nominierung verdient für seinen immersiven Mix.

Wertung:  100 %


Dolby Atmos:

Einschub von Robert Schlegel

Mike hat mich gebeten, ein paar Worte zum Dolby Atmos Mix zu schreiben. Wie er bereits schrieb, ist das Album auch schon in 5.1 sehr immersiv und diskret ausgefallen. Bei Dolby Atmos kommt nun die Kirsche auf die Torte drauf. Steven Wilson setzt die Höhenlautsprecher wieder sehr intensiv ein. Bei ihm hat schlichtweg jeder Kanal den gleichen Stellenwert und nichts ist einfach nur zur Unterstützung da. Musikalisch macht sich das bemerkbar, indem diverse perkussive Elemente und Beats immer wieder auch von oben erklingen. Auch Synthesizer, Padsounds, Gitarren sind immer wieder mal nicht nur in der Sitzebene platziert, sondern höher. Besonders eindrucksvoll sind hierbei einige Chöre (ob aus Mündern oder Keyboards), die sich bei einigen Stücken über den Raum legen.

Es fällt auf, dass gerade der Hintergrundgesang in den Rears oftmals den Eindruck erweckt, als wären die hinteren Lautsprecher riesige Schallwände, da der Gesang hier in einem breiten Panorama angesiedelt ist. Als Beispiel dient hier das Duett mit Ninet Tayeb in Rock Bottom. Hier kommt Wilsons Zweitgesang von hinten, während die Lead Vocals von Ninet vorne erklingen. Eine ähnliche Aufteilung gibt es auch bei einem Stück auf dem neuen Stones Album HACKNEY DIAMONDS. Hier ist es Lady Gaga, die hinten zu hören ist. Dies klingt zwar auch gut, die Abmischung Wilsons ist auf Rock Bottom aber um einiges beeindruckender, da er hier eben weitaus mehr mit den Höhenlautsprechern macht.



Die Deluxe Edition:

Das Album gibt es in verschiedenen Ausführungen neben Vinyl und CD Versionen in Surround als Blu-ray oder limitiertes Deluxe-Book mit zwei CDs und einer Blu-ray, die jedoch zusätzlich instrumentale 5.1 und Atmosmixe beinhaltet. Diese habe ich direkt in England bestellen müssen, was gerade zeitlich so geklappt hat, denn kurz nach meiner Bestellung war alles restlos ausverkauft. Warum in England? Weil sich das Label dazu entschieden hat, diese Version nur in UK anzubieten. Justforkicks z.B. ist leer ausgegangen. Ärgerlich. Aber das ist Steven Wilson nicht persönlich anzulasten. Immerhin waren in den 65 € die MwSt. enthalten, der offizielle Store ist glücklicherweise an das IOSS System angeschlossen. Das üppige Porto von 20 € kam allerdings noch dazu.

Das Buch selbst ist ganz ähnlich in der Aufmachung wie z.B. The Raven oder Hand Cannot Erease und damit anders als die Deluxe Edition von The Future Bites, welche mir nicht zugesagt hat. Deshalb habe ich damals auch nur die einzelne Blu-ray bestellt. Die neue Deluxe Edition beinhaltet Grafiken von Hajo Müller, Credits, Liedtexte und eine Geschichte von den Geschwistern Jamie und seiner Schwester Harmony in London. Mit Hajo Müller hat SW schon mehrfach zusammengearbeitet. Das Design ist wie üblich von Carl Glover.

Die Blu-ray zeigt während des Abspielens ein Standbild (Grafik von Hajo Müller) sowie den Titel des Songs. Was ist denn auf den beiden CDs drauf?
CD1: das Album in Stereo
CD2: ein etwas anders Album, es heißt Harmonic Distortion und enthält alternative Versionen sowie Remixes, unter anderem auch einen Beitrag von Mikael Akerfeldt (von Opeth).

Steven Wilson The Harmony Codex Deluxe Edition


Vorhandene Tonformate:
DTS-HD Master Audio 96/24 2.0
DTS-HD Master Audio 96/24 5.1
Dolby Atmos
Instrumental DTS-HD Master Audio 96/24 2.0 (nur Deluxe-Edition)
Instrumental DTS-HD Master Audio 96/24 5.1 (nur Deluxe-Edition)
Instrumental Dolby Atmos (nur Deluxe-Edition)

Albumstart:

Einlegen, kurz warten, Play drücken und Atmos spielt. So soll das sein.


Bonusmaterial:

Videos: Economies of Scale und The Harmony Codex (beide in Stereo)

Instrumentale Versionen in Stereo, 5.1 und Atmos

Aufwertung: +3 %


Anspieltipp:

Impossible Tightrope, Staircase


Fazit:

Kaufen, unbedingt. Gut, dass es eine Einzel-Blu-ray zu einem echt fairen Preis gibt und nicht wie bei diesen völlig überteuerten Kiss- und Rush Boxen, die auch noch allerlei unnötigen Plunder enthalten. Die Deluxe Edition ist wunderschön, sie hat meine Erwartung erfüllt, ist jedoch leider vergriffen. Sie ist empfehlenswert, wenn der Preis stimmt und in etwa dem Ausgabepreis entspricht.

 

GESAMTWERTUNG: 100 %

Erläuterungen zur Bewertung

Verfügbarkeit:

Deluxe-Box mit Blu-ray: Vergriffen, nur noch bei Wucherern zu haben (z.B. bei discogs für aktuell idiotische 376.-€)

Einzel-Blu-ray:  ca. 20 €.

Streaming: Den Dolby Atmos Mix gibt es auch im Streaming bei Apple Music, Amazon Unlimited und Tidal zu hören.

Stand: 09.11.2023

 


Links:

Webseite von Steven Wilson

 

2 Replies to “Steven Wilson – The Harmony Codex”

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