
Bioscope – Gentō
Erscheinungsjahr 2025 | Blu-ray Disc / Streaming | Electronic
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GENTŌ ist das Debütalbum des Projekts Bioscope, einer Zusammenarbeit von Steve Rothery, Gitarrist von Marillion, und Thorsten Quaeschning, der seit dem Tod von Edgar Froese das Ruder bei Tangerine Dream übernommen hat. Unterstützt wurden die beiden von Alex Reeves, Schlagzeuger der Band Elbow.
Es ist nicht die erste Zusammenarbeit der beiden Musiker. Seit einigen Jahren führen Tangerine Dream auf ihren Konzerten sogenannte Sessions als Zugabe auf. Das sind live vor Ort improvisierte Stücke, die gerne über eine halbe Stunde dauern. In den 70er-Jahren war dies die gängige Methode der deutschen Elektronikpioniere, Konzerte zu geben. Auf einer UK-Tour 2022 war bei diesen Sessions Steve Rothery als Gast dabei. Tangerine Dream veröffentlichte anschließend Aufnahmen dieser Tour als „The Sessions Box Set“, das allerdings nur über die bandeigene Seite zu erwerben ist.
Die Arbeiten an GENTŌ reichen jedoch weiter zurück. Bereits 2020 tauschten Rothery und Quaeschning erste musikalische Ideen aus. Über mehrere Jahre hinweg entwickelten sie daraus ein gemeinsames Repertoire, das schließlich in einer fünftägigen Studiosession im Südwesten Englands vollendet wurde. Der Albumtitel verweist auf die japanische Bezeichnung der Laterna Magica, einer frühen Projektionsform. Steve Rothery ist ein großer Fan der Geschichte des Kinos. Auch der Bandname leitet sich davon ab. Ein Bioskop ist ein Projektor aus den frühen Kindertagen des Kinos. Damit zeigten die Brüder Skladanowsky ihre Filme Ende des 19. Jahrhunderts im Berliner Wintergarten. Auch die Stücke auf dem Album sind von der Faszination des Bewegtbildes inspiriert und benennen zumeist ähnliche Apparaturen.
Veröffentlicht wurde GENTŌ im August als Doppel-LP sowie als CD mit Blu-ray. Auf letzterer befindet sich das Album in einem von Andy Bradfield erstellten Dolby-Atmos-Mix.
Tracklist:
1 Vanishing Point (Part I) – 3:56
2 Vanishing Point (Part II) – 5:28
3 Vanishing Point (Part III) – 10:36
4 Gentō – 7:38
5 Kinetoscope (Part I) – 7:29
6 Kinetoscope (Part II) – 5:15
7 Bioscope (Part I) – 6:11
8 Bioscope (Part II) – 2:46
9 Bioscope (Part III) – 4:03
10 Kaleidoscope – 4:55
Gesamtdauer: 48:24
Ich selbst bin sowohl von Marillion als auch von Tangerine Dream Fan. Beide Bands habe ich ungefähr im gleichen Zeitraum kennengelernt, das dürfte etwa 1993 gewesen sein. Dass es irgendwann einmal einen gemeinsamen Schnittpunkt geben würde, hätte ich mir damals nicht erträumt.
Als ich von diesem Projekt erfuhr, hatte ich dementsprechend eine gewisse Vorstellung, wie die Musik klingen würde. Genau diese Erwartungen wurden erfüllt. Einerseits gibt es das typische elektronische Grundgerüst von Tangerine Dream, die seit den 70er-Jahren etablierten hypnotischen Sequenzer-Kaskaden, andererseits die Gitarre von Marillion, das melodische Spiel von Steve Rothery.
In der Tat werden Erinnerungen an frühere Tangerine-Dream-Großtaten wach, als Edgar Froese noch lebte und der blubbernden Elektronik das eine oder andere Gitarrensolo hinzufügte. Manches erinnert auch an Pink Floyd – interessanterweise besonders an ihr letztes Werk THE ENDLESS RIVER, das ebenfalls weitgehend instrumental ist und eine ähnliche Stimmung widerspiegelt.
Insgesamt ist den beiden ein richtig schönes Album gelungen, in das man nach einem langen Tag versinken kann.
Wertung: 83 %
Besetzung:
Steve Rothery – Guitar
Thorsten Quaeschning – Keyboards, Synthesizer, Sequencer, Programming
Alex Reeves – Drums
Erstellt wurde der Atmos-Mix von Andy Bradfield, der zuvor bereits drei Marillion-Alben aus der Fish-Ära in 5.1 abgemischt hatte, dort aber nur teilweise überzeugte. Inzwischen hat er seine Fähigkeiten deutlich ausgebaut und zuletzt auch Soloalben von Fish in Dolby Atmos gemischt. VIGIL IN THE WILDERNESS OF MIRRORS hatte ich bereits besprochen – dessen Atmos-Mix ist sehr gelungen.
GENTŌ zeigt, dass man mittlerweile auf Bradfield zählen kann. Er hat dem Album einen eindrucksvollen Atmos-Mix beschert, in dem die Musik raumfüllend verteilt wird und die Höhenkanäle regelmäßig zum Einsatz kommen. Besonders Steve Rotherys Leadgitarren thronen oft über dem restlichen Klangbild. Auch zahlreiche Synthesizersounds, gelegentlich sogar Leadsynths – was bei Tangerine Dream und Thorsten Quaeschning eher die Ausnahme ist – wurden in die oberen Ebenen gelegt. Gleiches gilt für das Schlagzeug, das immer wieder über Augenhöhe zu hören ist und teils sogar hinter dem Kopf platziert wurde.
Auffällig ist, dass die für Tangerine Dream typischen Sequenzerläufe häufig aus den hinteren Kanälen kommen – ein Ansatz, der hervorragend funktioniert. Auch tiefere Arpeggio-Sounds hat Bradfield nicht gescheut, im hinteren Bereich des Raums zu positionieren. Überhaupt fiel mir auf, dass tiefe Synthesizerklänge regelmäßig hinter dem Hörplatz oder weit im Raum verteilt auftauchen, anstatt wie üblich vorn zu bleiben.
Hinzu kommen Bewegungen im Raum, mal subtil, mal stärker ausgeprägt. So dreht sich etwa ein Sequenzer im zweiten Teil von Vanishing Point um den Hörplatz, während Synthieflächen durch den Raum wabern. Im dritten Teil desselben Stücks scheint das Schlagzeug im Verlauf von vorne nach hinten zu wandern. Im ersten Teil von Kinetoscope sind es wiederum die Sequenzer, die dezent von vorne nach hinten über den Kopf schweben.
Klanglich prägt eine sehr weite Räumlichkeit den Mix, bei dem Keyboards und Gitarren häufig mit Hallanteilen versehen sind. Diese Art von Sound kennt man bereits von Tangerine-Dream-Produktionen der letzten gut 20 Jahre. Hier und da ist mir das etwas zu viel – das wäre aber der einzige Kritikpunkt an einem ansonsten sehr schönen Mix, der auch im normalen 5.1 sehr gut funktioniert.
Wertung: 95 %
Vorhandene Tonformate:
Dolby Atmos
DTS HD Master Audio 5.1
LPCM 2.0
Das Album startet von der Blu-ray leider in Stereo und muss dementsprechend auf Atmos umgestellt werden, entweder über das Menü oder die Audiotaste. Die Audiotaste muss man zweimal betätigen, da die zweite Tonspur der DTS 5.1-Mix ist. Über das Menü ist es noch etwas komplizierter.
RUNTER > RUNTER > ENTER > RUNTER > RUNTER > ENTER > ENTER
Abwertung: – 3 %
Es gibt kein Bonusmaterial
Anspieltipp:
Vanishing Point, Kinetoscope
Sehr gute atmosphärische Abmischung, auch musikalisch überzeugend.
Pros / Cons:
+ sehr guter Mix in Dolby Atmos
+ High Resolution (+1 %)
– startet nicht in Atmos, Blu-ray-Menü etwas umständlich (- 3 %)
GESAMTWERTUNG: 90 %
Erläuterungen zur Bewertung
CD + Blu-ray: Neben der Vinyl ist die CD mit Blu-ray die reguläre Ausgabe des Albums und kostet um die 25 Euro.
Streaming: GENTŌ ist auch im Streaming bei Apple Music, Amazon Music und Tidal in Dolby Atmos verfügbar.
Stand: 14.10.2025
Links:
Offizielle Seite von Bioscope