Loreena McKennitt – The Visit


Erscheinungsjahr 1991 | Blu-ray | Folk

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Neben dem ganzen Prog Rock Kram, der über die letzten Jahre in Surround Sound wiederveröffentlicht wird, gibt es immer mal wieder einzelne Perlen aus anderen Musikgenres, die ebenfalls eine neue Abmischung in 5.1 erfahren. Das Album THE VISIT von Loreena McKennitt ist so ein Beispiel, welches vor Kurzem in einer Geburtstagsedition veröffentlicht wurde und sogar in einem Dolby Atmos Mix vorliegt.

Obwohl, so weit vom Progressive Rock ist die Musik der Kanadierin eigentlich gar nicht mal. Loreena McKennitts Werk ist größtenteils Folk Music keltischer Natur und man ist zunächst überrascht, dass diese Art der Musik aus Kanada kommt. Allerdings hat Loreena irische und schottische Vorfahren. Mike Oldfield hatte in seinen früheren Tagen auch ein Faible für keltische Musik und wird auch weitestgehend dem Progressive Rock zugeordnet. Wer seine Ausflüge in die Musik zu Zeiten Shakespeares mag (das, was gemeinhin als keltische Musik bezeichnet wird, hat seinen Ursprung in dieser Zeit und nicht in der Antike als die Kelten gelebt haben), könnte auch Gefallen an der Musik von Lorenna McKennitt finden. Sie war übrigens Anfang der 90er im Vorprogramm von Mike Oldfield, als dieser seine Fortsetzung von Tubular Bells live vorstellte.

THE VISIT erschien 1991 und ist das vierte Studioalbum von Loreena McKennitt. Es gilt als ihr Durchbruch. In Kanada erreichte es mehrfach Platin und in den USA Gold-Status. In Europa wurde man dagegen erst auf sie aufmerksam, nachdem sie mit Mike Oldfield auf Tour war. Entsprechend sind hier die späteren Alben erfolgreicher und landeten auch in Deutschland in den Charts.

Die Ausgabe zum 30. Geburtstag erschien in einem hübschen Mediabook-Format, welches neben den Liedtexten auch einen Text zur Albumentstehung enthält. Beigefügt sind insgesamt fünf Silberscheiben. Auf CD 1 befindet sich der Orginalmix im Remaster von 2004, auf CD 2 gibt es zwei Konzertmitschnitte, die 1992 im Radio übertragen wurden und auf CD 3 zwei Interviews. Die vierte CD enthält wieder das Album, allerdings dieses Mal im sogenannten Binaural Headphone Mix, mit dem über normale Stereokopfhörer ein räumlicher Eindruck erzeugt werden soll. Das klingt schon etwas anders als ein normaler Stereomix auf den Kopfhörern, ist aber mit einem echten Surroundmix nicht zu vergleichen. Ebenfalls auf CD 4 gibt es einige Neuaufnahmen der Songs von 2016. Die fünfte Scheibe ist schließlich eine Blu-ray, auf der sich THE VISIT in Dolby Atmos, DTS, sowie hochauflösendem Stereo befindet. Gemischt wurde er von Jeff Wolpert.

Loreena McKennitt The Visit Definitive Edition


Tracklist:


1 All Souls Night – 5:09
2 Bonny Portmore – 4:21
3 Between the Shadows – 3:42
4 The Lady of Shalott – 11:34
5 Greensleeves – 4:26
6 Tango to Evora – 4:10
7 Courtyard Lullaby – 4:57
8 The Old Ways – 5:44
9 Cymbeline – 5:07

Gesamtdauer: 49:16


Die Musik:

Mit der Musik von Mike Oldfield kann die Musik von Lorenna McKennitt aber nur schwer verglichen werden. Wenn man vergleichen will, würde man vielleicht eher Enya in die nähere Auswahl bringen. Der Unterschied zu Enya ist jedoch, dass Lorenna McKennit den synthetischen Klangerzeugern auf THE VISIT viel weniger Raum gibt und stattdessen auf echte handgemachte Klänge setzt. Ich hatte beim ersten Hören (ich kannte das Album vorher nicht) sogar Assoziationen zu den späteren Soloalben von Robert Plant, der auch mit der Zeit etwas folkiger wurde.

Das Klangspektrum der Platte ist schon überraschend, denn man bekommt nicht nur die für die britischen Inseln typischen Klänge von Harfen, Dudelsäcken und Bodhran-Trommeln zu hören, sondern auch russische Balalaikas und indische Tampuras und Sitars, also Instrumente, die man eher nicht zur keltischen Musik zählen würde. Und doch ist die geografische Lage des Musikstils eindeutig den beiden großen Inseln im Westen Europas zuzuordnen.

Natürlich haben wir es hier wegen des grundlegenden Charakters der Musik auf THE VISIT mit einem ruhigen Album zu tun. Vermutlich deswegen wird es gerne auch in die Kategorie des New Age einsortiert, wobei ich finde, dass dies dem Album nicht gerecht wird. Für New Age ist THE VISIT dann doch viel zu aufwendig arrangiert. Es passiert sehr viel auf dem Album, als dass man bei der ruhigen Stimmung weg driften könnte. Ein schönes, erdiges Album, welches perfekt passt, wenn man mal keine Lust auf lauten Rock, hektischen Jazz oder hypnotische Elektronik hat. Oder anstrengenden Prog.

Wertung: 85 %


Besetzung:

 Loreena McKennitt – synthesizer, piano, harp, accordion, bodhran, vocals,
Anne Bourne – cello
Al Cross – drums
Tom Hazlett – bass
Brian Hughes – balalaika, electric & acoustic guitar
Patrick Hutchinson – uillean pipes
George Koller – bass, cello, mad fiddle, tamboura, sitar
Rick Lazar – percussion, udu drum
Hugh Marsh – fiddle


Der Surroundmix:

Es gibt zahlreiche verschiedene Instrumente auf THE VISIT zu hören und doch ist es kein Album, welches übermäßig viele Overdubs hat. Es gibt einige Stücke, die relativ sparsam instrumentiert sind. Gesang, ein Flächensound vom Keyboard, Harfe oder Gitarre, Bass, vielleicht noch eine Geige, das war es dann auch schon. So liegt es in der Natur, dass es nicht bei jedem Song ein diskretes Feuerwerk zu hören gibt. In solchen Stücken findet sich das meiste in der vorderen Raumhälfte wieder, wobei man bei den Keyboardflächen schon darauf geachtet hat, dass sich diese wie ein Klangteppich im gesamten Zimmer ausbreiten.

Saiteninstrumente hört man häufig links und rechts im Raum. Die Harfe findet sich zumeist frontal, was auch so okay ist, denn als Zuhörer stellt man sich schon das Bild vor, dass Loreena McKennitt die Harfe spielt und währenddessen singt. Es würde vielleicht etwas eigenartig sein, diese beiden Klangfarben zu trennen und die Harfe nach hinten zu legen. Gelegentlich taucht aber auch eine zweite auf, die dann gerne von der ersten Harfe etwas im Raum separiert wird und zumeist hinter dem Hörer erklingt.

Hier und da gibt es leichte Verschiebungen im Klangbild. Im ersten Song All Souls Night bleibt die Tamboura nicht an ihrem Platz, sondern schwebt von rechts hinten nach vorne und weiter nach links hinten, was sehr schön klingt. Zudem hat man hier auch das Gefühl, dass die Keyboards sich hier langsam von hinten nach vorne bewegen.

Die diskreten Stücke kommen auf dem Album gegen Ende. Zwar gibt es auch vorher schon Momente, wo Instrumente wie Geigen, Gitarren, Dudelsäcke und Zweitstimmen in die hinteren Kanäle gemischt werden, doch ist dies bei den späteren Songs noch etwas stärker ausgeprägt. Mein persönliches Highlight wäre da der Song The Old Ways, der auch mein Lieblingsstück auf dem Album ist. Dieser fängt mit einem längeren Instrumentalteil an, der zudem, was auf dem Album eher selten der Fall ist, mit massiven Percussion-Anteilen begeistert. Diese Rhythmen finden sich vorne wie hinten und man ist regelrecht davon umzingelt. Das Leadinstrument ist hierbei eine Fidel hinten rechts, begleitet von der Harfe vorne und dem Dudelsack links. Die Fidel beginnt im Raum zu kreisen und der furiose Instrumentalteil geht in einen ruhigen Gesangsteil mit toller Melodie über, bei dem eine E-Gitarre hinten für Gänsehaut sorgt. Anschließend setzt wieder der Instrumentalteil vom Beginn ein. Perfekt!

Der Atmos-Mix klingt noch eine Spur luftiger und weiträumiger, als würde man sich in einer riesigen Halle einer Burg befinden, ohne das im Mix sonderlich viel Hall zugemischt wurde. Hier und da hat man auch das Gefühl, dass Sounds über einem schweben, vor allem bei den Dudelsäcken. Alles klingt etwas größer, im Song Courtyard Lullaby hat man das Gefühl, dass eine riesige Harfe vor einem aufgebaut ist. Im Vergleich zum herkömmlichen 5.1 Mix, sind die Unterschiede aber ansonsten nicht so groß.

Was den Gesamtsound angeht, klingt THE VISIT einfach großartig. Der Mix ist fein aufgelöst und fein abgestimmt auf die verschiedenen Instrumente und den Gesang. Nur beim Song Greensleeves muss man leichte Abzüge machen, der mir weniger audiophil vorkommt und zum Teil im Gesang etwas übersteuert klingt. Mag sein, dass es an der spontanen Aufnahme liegt. Die Band hat das Stück in einem Take aufgenommen, weil es gerade nichts anderes zu tun gab. Ursprünglich sollte es gar nicht auf das Album kommen. Da kann man schon nachvollziehen, dass hier bei der Aufnahme nicht mit der nötigen Sorgfalt gearbeitet wurde und man den Aufnahmeknopf nur deshalb gedrückt hat, um eine spontane Session zu dokumentieren. Auch die Verteilung der Instrumente im Surroundfeld klingt bei Greensleeves weniger stark ausgeprägt. Könnte sein, dass die Aufnahme damals direkt in Stereo aufgezeichnet wurde und man von diesem Stück einen Upmix machen musste.

Wertung: 94 %


Vorhandene Tonformate:
Dolby Atmos
DTS HD Master 5.1
LPCM 96/24 2.0

Album starten:

Beim Betätigen der Enter Taste erklingt der Mix direkt in Dolby Atmos, sofern man ein entsprechendes System hat. Ist dies nicht installiert, wird der Core in 7.1 als Dolby True HD ausgespielt, der der Atmos Spur bei liegt. Wer lieber direkt auf DTS umschalten will, hat es gar nicht mal so schwer. Endlich mal wieder eine Blu-ray bei der man über die Farbtasten die Tonspur wählen kann. Denn man muss lediglich die rote Taste drücken, um THE VISIT auf DTS umzuschalten. Anschließend muss man noch Enter drücken, damit das Album startet.

Die verschiedenen Farbkombinationen:

GRÜN: Dolby Atmos
ROT: DTS
GELB: Stereo


Bonusmaterial:

Schönes Mediabook mit einem Text zur Entstehung des Albums, Fotos und den Liedtexten. Zu den Inhalten auf den verschiedenen CD’s habe ich oben schon was geschrieben. Obwohl es gleich vier CD’s gibt, ist das Ganze aber nicht so üppig, wie man es von anderen Bands kennt. Wie oft man sich  die Interviews auf der einen CD anhört und ob überhaupt, ist die Frage. Aber wir leben ja gerade im Podcast-Zeitalter.

Aufwertung: + 1,5 %


Anspieltipp:

The Old Ways


Fazit:

Tolles Release, welches hoffentlich eine Fortsetzung findet

Pros / Cons:
+ sehr guter Surroundmix in 5.1 und Dolby Atmos
+ Perfekter Klang
+ High Resolution (+1%)

+ durchdachtes Authoring auf der Blu-ray (Farbtasten-Funktion)
+ viel Bonus, wenn auch nicht wirklich überaus spannend (+ 1,5 %)

 

GESAMTWERTUNG: 91 %

Erläuterungen zur Bewertung

Verfügbarkeit:

Mediabiook mit 4 CD’s und einer Blu-ray: Im September 2021 veröffentlicht und seitdem für etwas über 40 Euro erhältlich.

Stand: 25.10.2021


Links:

Offizielle Webseite von Loreena McKennitt

 

One Reply to “Loreena McKennitt – The Visit”

  1. Die Einschätzung kann ich nur bestätigen.
    Wer Loreena Mc Kennitt mag und auf Surround Musik steht, kann hier nichts falsch machen. Sehr schöner Dolby Atmos Mix.
    „The Lady of Shalott“ ist aus meiner Sicht ein weiteres Highlight dieser Ausgabe. (Auch die CD 2 mit den 1992er Radio Broadcasts und die CD 4 mit dem 2016er Soundboard Aufnahmen von der USA-Tour – Trio Performance – sind sehr hörenswert)
    Eine der wirklich besseren Veröffentlichungen aus der letzten Zeit.

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