Phil Collins – No Jacket Required


Erscheinungsjahr 1985 | Blu-ray Disc / Streaming | Pop

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Im Februar 1985 veröffentlichte Phil Collins das Album, das ihn endgültig zum Superstar machte, und zugleich in den folgenden Jahrzehnten für viele Kritiker zu einer Art Reizfigur werden ließ. Von diesem Zeitpunkt an war Collins allgegenwärtig: im Radio, auf MTV und in den Charts – sowohl mit seinen zahlreichen Solohits als auch mit den beiden folgenden Genesis-Alben, die viele fälschlicherweise nur noch als „Phil Collins mit zwei anderen Typen“ wahrnahmen.

NO JACKET REQUIRED war sein drittes Soloalbum und verkaufte sich über 25 Millionen Mal, davon mehr als 12 Millionen allein in den USA. Weltweit erreichte das Album die Spitzenposition der Charts, und auch die ausgekoppelten Singles platzierten sich durchweg auf den vorderen Rängen. Collins wollte sich mit dieser Produktion bewusst von den dunkleren, introspektiven Tönen seiner ersten beiden Alben lösen und ein insgesamt optimistischeres, tanzbareres Werk schaffen – mit Songs, die stärker von Rhythmus, Funk und Pop geprägt sind.

Der Albumtitel geht auf eine Anekdote zurück: Collins wurde in ein nobles Restaurant nicht eingelassen, weil er kein Jackett trug, obwohl er dort mit Robert Plant verabredet war. Der Vorfall inspirierte den ironischen Titel NO JACKET REQUIRED.

Zum 40. Geburtstag des Albums hat Steven Wilson einen Dolby-Atmos-Mix erstellt. Damit zeigt sich erneut, dass er nicht nur bei Progressive-Rock-Klassikern seine Finger im Spiel hat, sondern auch immer wieder Pop-Alben aus den 80er-Jahren neu abmischt. Dass er nun ausgerechnet Phil Collins in seiner Remix-Vita hat, hat schon leicht ironische Züge. Nicht wenige sehen in Phil Collins bis heute eine Art Antichrist des Progressive Rock, der Genesis auf die „dunkle Seite“ des Pop geführt hat. Und Steven Wilson wird wiederum von vielen als Retter und Nachlassverwalter des Prog angesehen.

NO JACKET REQUIRED wurde als einzelne Blu-ray mit Dolby-Atmos-Mix veröffentlicht, ist aber natürlich auch auf den bekannten Streaming-Plattformen immersiv zu hören. Es ist übrigens nicht das erste Werk von Phil Collins, das im Streaming in Dolby Atmos vorliegt: Auch sein Tarzan-Soundtrack ist bereits in diesem Format verfügbar.

Phil Collins No Jacket Required Blu-ray


Tracklist:

 1 Sussudio – 4:23
2 Only You Know and I Know – 4:20
3 Long Long Way to Go – 4:20
4 I Don’t Wanna Know – 4:12
5 One More Night – 4:47
6 Don’t Lose My Number – 4:46
7 Who Said I Would – 4:01
8 Doesn’t Anybody Stay Together Anymore – 4:18
9 Inside Out – 5:14
10 Take Me Home – 5:51

Gesamtdauer: 46:25


Die Musik:

Mitte der 80er-Jahre waren elektronische Schlagzeugsounds schwer angesagt. Drumcomputer und die typischen Simmons-E-Drums prägten den Zeitgeist. Es war nur folgerichtig, dass ein Schlagzeuger wie Phil Collins diese Entwicklungen aufgriff. Zur Veröffentlichung von NO JACKET REQUIRED war der Sound topaktuell und modisch. Spätestens in den 90ern wirkte er jedoch schon weit überholt und altmodisch. Collins selbst wies in den Credits seines 1996 erschienenen Albums DANCE INTO THE LIGHT darauf hin, dass dort keine Drum Machines zum Einsatz kamen. Interessant ist, dass der typische 80er-Sound heute wieder in zahlreichen Pophits, Alternative und Indie-Rock-Produktionen zu hören ist. Am Ende kommt eben alles zurück.

Mit seiner Solokarriere suchte Phil Collins bewusst einen amerikanisch geprägten Klang, um sich vom britischen Prog-Rock-Sound von Genesis abzusetzen. Soulige Balladen, markante Bläser und eingängige Grooves wurden zu seinem Markenzeichen. Auf NO JACKET REQUIRED kam eine deutlich funkige Note hinzu. Der Hit Sussudio erinnert stark an Prince, und auch andere Stücke des Albums klingen eher nach einem amerikanischen Superstar als nach einem kleinen britischen Schlagzeuger. Die musikalische Ausrichtung zielte klar auf den US-Markt, weshalb der enorme Erfolg des Albums in den USA kaum überrascht.

Während Genesis auch in den 80er-Jahren noch komplexe Harmoniefolgen, dynamische Brüche und ausgedehnte Instrumentalpassagen boten, konzentrierte sich Phil Collins zunehmend auf geradlinige Songs, eingängige Hooks und hymnische Refrains.

Eigentlich sollte ich zu diesem Album eine stärkere Verbindung haben. Wenn ich mich recht erinnere, war NO JACKET REQUIRED die erste LP, die ich mir Anfang der 90er selbst gekauft habe. Nachdem ich jedoch wenig später erstmals Genesis gehört hatte, verlor der Solo-Output von Phil Collins schnell an Reiz. In den letzten 30 Jahren habe ich das Album vielleicht fünfmal gehört. Beim Anhören des neuen Atmos-Mixes war ich allerdings durchaus positiv überrascht, dass da doch ein paar ganz gute Nummern drauf zu hören sind. Mit Who Said I Would kann man mich aber immer noch jagen. Das habe ich schon 1991 fürchterlich gefunden.

Wertung: 76 %


Besetzung:

 Phil Collins – vocals, backing vocals, keyboards, bass, drums, Simmons electronic drums, drum machines, vocoder, kalimba
David Frank – keyboards, synth bass
Nick Glennie-Smith – keyboards
Daryl Stuermer – guitars, keyboards
Leland Sklar – bass guitar, piccolo bass
Don Myrick – saxophones, sax solo
Louis Satterfield – trombone
Michael Harris – trumpet
Rahmlee Michael Davis – trumpet
Gary Barnacle – sax solo
Arif Mardin – string arrangements, orchestral introduction
Sting – backing vocals
Peter Gabriel – backing vocals
Helen Terry – backing vocals


Der Surroundmix:

Steven Wilson bietet im Dolby-Atmos-Mix seine gewohnt immersive und klar getrennte Verteilung der Instrumente und Klänge. Insgesamt wirkt der Mix einerseits sehr räumlich, andererseits aber stellenweise etwas zurückhaltend. Mitunter fehlt es an einer deutlicheren Separation der Keyboardsounds. Gelegentlich entsteht der Eindruck, als seien während der Produktion mehrere Keyboardspuren zu einem Gesamtsound zusammengeführt worden, den Wilson anschließend im Raum positionierte. Diese Flächen liegen meist in der hinteren Raumhälfte oder leicht über dem Kopf. Gitarrenparts werden je nach Song vorne, seitlich oder auch hinten wahrgenommen, während die Bläsereinsätze überwiegend höher im hinteren Bereich platziert sind. Die Höhenkanäle übernehmen dabei meist eine unterstützende Funktion.

Wie zu erwarten, richtet Wilson das Hauptaugenmerk auf das Instrument, mit dem Phil Collins am stärksten verbunden ist – das Schlagzeug. In einigen Stücken ist es ungewöhnlich frontlastig abgemischt, insbesondere dort, wo die typischen 80er-Jahre-E-Drums dominieren. Die eigentlichen Aha-Momente entstehen in den Fills, die über dem Kopf oder im hinteren Raum erklingen. Bei Doesn’t Anybody Stay Together Anymore und Inside Out ist das akustische Schlagzeug dagegen deutlich weiter in den Raum und auch etwas höher gemischt. Besonders gelungen ist die räumliche Platzierung der Drumcomputer-Klänge, die aus allen Richtungen und Ebenen kommen und das Klangbild beleben.

Die beiden Stücke, in denen die Rhythmik eine tragende Rolle spielt, zählen zugleich zu den Höhepunkten des Mixes. Das gilt zunächst für die Ballade Long Long Way To Go, bei der Sting im Refrain als Duettpartner zu hören ist. Dessen Wahl wirkt naheliegend, da das Stück in Atmosphäre und Gitarrensound stark an Wrapped Around Your Finger von The Police erinnert. Die Percussion ist hier sehr schön im gesamten Raum und in der Höhe verteilt, was eine dichte, stimmungsvolle Atmosphäre schafft. Gleiches gilt für das abschließende Take Me Home: Zunächst regnet eine Vielzahl percussiver Elemente von oben herab, bevor ein echtes Schlagzeug einsetzt, das Wilson effektvoll im hinteren Raum positioniert hat. Gegen Ende kommen zusätzliche Fills seitlich von oben hinzu.

Der Mix zeigt seine Stärken vor allem in den atmosphärischen, etwas unkonventionell arrangierten Songs, in denen Wilson mit Raum und Bewegung spielt. Auch der Hit Don’t Lose My Number profitiert von dieser Herangehensweise – hier machen besonders die Gitarrenparts im hinteren Raum Spaß. Klanglich überzeugt das Album insgesamt durch einen überraschend trockenen, klaren Gesamtklang, der mit nur wenig Hall auskommt. Angesichts der Produktionszeit Mitte der 80er ist das bemerkenswert. Die tiefen Frequenzen hätten stellenweise etwas kräftiger ausfallen dürfen, während Inside Out im Gegenzug etwas höhenbetont wirkt.

Wilson erstellt in der Regel auch einen separaten 5.1-Mix. Dieser unterscheidet sich von einem Atmos-Downmix und ist speziell für herkömmliche Surroundanlagen optimiert. Auch dieser Mix kann überzeugen: Es gibt eine durchgehend diskrete Verteilung, wobei das Schlagzeug – wie bei Wilsons in den letzten Jahren oftn üblich – etwas stärker in die Raummitte gemischt wurde als im Atmos-Mix. Zudem hatte ich den Eindruck, dass die Keyboards im 5.1-Mix etwas präziser herauszuhören sind, was vermutlich daran liegt, dass sie hier weitgehend in den Rears platziert wurden und dadurch unmittelbarer wirken. Auch der Bass wirkt im 5.1-Mix etwas kräftiger. Auf der anderen Seite fehlen hier natürlich die typischen Aha-Momente des Atmos-Mixes, wenn sich Klänge über dem Kopf ausbreiten.

Wertung: 94 %


Vorhandene Tonformate:
Dolby Atmos
DTS HD Master Audio 5.1
LPCM 2.0
 

Album starten:

Das Album kann ohne Zuschalten des Fernsehers per Enter-Taste in Dolby Atmos gestartet werden.

 


Bonusmaterial:

Es gibt kein Bonusmaterial auf der Blu-ray. Viele Fans bemängeln, dass der Bonussong We Said Hello Goodbye nicht enthalten ist, der seinerzeit auf der CD-Ausgabe veröffentlicht wurde, um das damals neue Medium attraktiver zu machen. Da ich das Album nur von der Vinyl-Ausgabe kannte, vermisse ich den Song auch nicht. Take me Home ist meiner Meinung nach auch der viel bessere Albumabschluss.


Anspieltipp:

Take Me Home, Long Long Way To Go


Fazit:

Ein weiteres Album in „Wilson“-Qualität abgemischt.

Pros / Cons:
+ insgesamt sehr guter Mix in Dolby Atmos
+ auch der 5.1-Mix kann überzeugen
+
High Resolution (+1 %)
 

 

GESAMTWERTUNG: 89 %

Erläuterungen zur Bewertung

Verfügbarkeit:

Blu-ray: Die Blu-ray sollte noch ohne Probleme zu bekommen sein. Kostenpunkt ca. 22 Euro.

Streaming: NO JACKET REQUIRED sollte auch im Streaming bei Apple Music, Amazon Music und Tidal in Dolby Atmos verfügbar sein.

Stand: 09.11.2025

 


Links:

Offizielle Seite von Phil Collins

 

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