
Kraftwerk – Autobahn
Erscheinungsjahr 1974 | Blu-ray Disc / Streaming | Electronic
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Vor einigen Jahren schrieb ich bereits eine Rezension über einen Dolby Atmos Mix von Kraftwerks AUTOBAHN. Damals ging es jedoch nur um die Live-Performance, die Bestandteil der KATALOG 3D Ausgabe war. In der modernen Live-Version war das Album auf 27 Minuten geschrumpft. Jetzt zum 50. Geburtstag dieses Meilensteins gibt es das Original endlich in Dolby Atmos zu hören.
AUTOBAHN erschien im November 1974 als viertes Studioalbum von Kraftwerk. Die Aufnahmen begannen im Kling Klang Studio der Band, wurden jedoch größtenteils in Conny Planks Studio fertiggestellt. Während der Produktion kam es zu personellen Veränderungen: Florian Schneider und Ralf Hütter erhielten durch Klaus Röder (Violine) und Wolfgang Flür (Percussion) Zuwachs.
Das Herzstück des Albums ist der 22-minütige Titeltrack Autobahn, geschrieben von Schneider, Hütter und Emil Schult. Das Stück, inspiriert von Fahrten auf deutschen Autobahnen, setzt musikalisch die Atmosphäre einer Autofahrt um. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung blieb AUTOBAHN in Westdeutschland zunächst weitgehend unbeachtet. Erst die Singleauskopplung von Autobahn und Airplay auf einem Chicagoer Radiosender verhalfen dem Song in den USA zu größerer Aufmerksamkeit. 1975 wurde er zum internationalen Hit und brachte Kraftwerk den ersten Erfolg in den Vereinigten Staaten. Der plötzliche Durchbruch führte zu einer US-Tournee, bei der Karl Bartos als neues Mitglied Klaus Röder ersetzte. Das Album erreichte Platz 5 der Billboard-Charts und blieb dort 22 Wochen vertreten.
50 Jahre nach der Veröffentlichung gilt AUTOBAHN als wegweisendes Album der elektronischen Popmusik. Es beeinflusste nicht nur die Entwicklung des Electropop, sondern auch die spätere Techno-Bewegung maßgeblich. Zum Jubiläum erschien im März eine Neuauflage auf Blu-ray-Disc. Ralf Hütter hat gemeinsam mit Toningenieur Fritz Hilpert einen neuen Dolby-Atmos-Mix erstellt, basierend auf den originalen 16-Spur-Masterbändern.
Tracklist:
1 Autobahn – 22:47
2 Kometenmelodie 1 – 6:26
3 Kometenmelodie 2 – 5:47
4 Mitternacht – 3:45
5 Morgenspaziergang – 4:02
Gesamtdauer: 42:48
AUTOBAHN markierte den Übergang von Kraftwerks experimentellem Krautrock zu einem elektronischen Popsound. Die Musik basierte nun hauptsächlich auf Synthesizern und Drumcomputern, doch vereinzelt kamen noch akustische Instrumente wie Flöte, Violine und Gitarre zum Einsatz. Es war das letzte Kraftwerk-Album, auf dem solche traditionellen Instrumente verwendet wurden.
Das lange Titelstück weist typische Kraftwerk-Elemente auf: elektronische Drums, prägnante Synthesizer-Bassfiguren, melodische Synthesizer-Linien und zurückhaltenden Chorgesang. Die Musik emuliert eine Autofahrt, indem sie die Monotonie des Fahrens durch repetitive Rhythmen und den wiederkehrenden Refrain „Wir fahr’n, fahr’n, fahr’n auf der Autobahn“ nachahmt.
Kraftwerk setzte innovative elektronische Instrumente ein, um die Klanglandschaft einer Autobahnfahrt zu erzeugen. Synthesizer, Drumcomputer und Vocoder simulierten hupende Autos, den Doppler-Effekt vorbeifahrender Fahrzeuge und Windgeräusche. Die startende Motorsequenz zu Beginn des Stücks stammt von einer Geräuschplatte, während die übrigen Fahrgeräusche elektronisch erzeugt wurden.
Die restlichen Stücke des Albums bewegen sich zwischen experimentellen Klangcollagen und eingängigeren Melodien. Kometenmelodie 1 besteht größtenteils aus Klangexperimenten, während Kometenmelodie 2 einen stärker songbasierten Charakter hat. Mitternacht und Morgenspaziergang sind atmosphärische Stücke, die von düsteren, minimalistischen Passagen bis hin zu optimistischeren Klängen mit imitierten Vogelstimmen und Flöten reichen.
Wertung: 90 %
Besetzung:
Ralf Hütter – voice, electronics, synthesizer, organ, piano, guitar, electronic drums
Florian Schneider – voice, vocoder, electronics, synthesizer, flute, electronic drums
Wolfgang Flür – electronic drums
Klaus Röder – electric violin
Mit dem 3-D DER KATALOG haben Kraftwerk bereits herausragende Atmos-Mixe vorgelegt. Die Erwartungen an den Atmos-Mix von AUTOBAHN waren entsprechend hoch – und wurden voll erfüllt. Der neue Mix ist hervorragend gelungen.
Bereits im langen Titelstück Autobahn gibt es gleich zu Beginn erste Bewegungen im Raum zu hören: Im Intro fährt das startende Auto von vorn nach hinten, gefolgt von ersten Synthesizerklängen, die ebenfalls von vorne nach hinten durch den Raum schweben. Die ersten Minuten wirken danach zunächst etwas zurückhaltend – möglicherweise Teil der dramaturgischen Entwicklung des Mixes. Doch spätestens nach der zweiten kurzen Gesangsstrophe geht sprichwörtlich die Luzie ab. Man ist mittendrin, umgeben von verschiedensten synthetischen Klängen, die aus allen Richtungen auf einen einströmen. Vor allem über dem Kopf passiert einiges – es fühlt sich beinahe so an, als wäre man nicht mehr auf der Autobahn unterwegs, sondern auf der Landebahn eines Flughafens.
Im weiteren Verlauf des Stücks verstärken sich diese räumlichen Eindrücke. Besonders auffällig: Je näher man dem Ende des Tracks kommt, desto mehr scheint sich das Klanggeschehen hinter den Hörer zu verlagern. Vorn bleibt größtenteils die Rhythmik, während die Synthesizer vermehrt am oder hinter dem Hörplatz agieren. Dadurch entsteht das Gefühl, eine akustische Reise durchlaufen zu haben – der Klang hat sich im Raum zu einem hin bewegt. Das erklärt wohl auch, warum der Mix anfangs zurückhaltend erschien: Es war Teil einer bewusst gesetzten Dramaturgie.
Dass sich das lange Titelstück für einen Atmos-Mix besonders gut eignen würde, war zu erwarten. Spannender war daher, wie sich die B-Seite in Atmos präsentiert – schließlich sind diese Stücke, mit Ausnahme von Kometenmelodie 2, sehr ruhig und sparsam instrumentiert. Auch hier funktioniert der Atmos-Mix bemerkenswert gut. Bei Kometenmelodie 1 ist die hochfrequente Melodie mit ihrem Rauschen im oberen Bereich des Raums positioniert – sie symbolisiert offensichtlich den Kometen mit seinem Schweif. Die tiefen Synthesizerklänge liegen dagegen eher bodennah und hinter dem Hörplatz – vermutlich als klangliches Abbild der Erde.
Auch Mitternacht bietet viele räumlich gestaffelte Klänge. Besonders schön: das aus Synthesizern generierte Vogelgezwitscher über dem Kopf in Morgenspaziergang. Man hat den Eindruck, sich in einer synthetischen Klangumgebung zu befinden.
Kometenmelodie 2 ist das Stück, das vom Aufbau her am ehesten an die A-Seite erinnert – mit seinem elektronischen Schlagzeug und deutlichem Synthpop-Charakter. Interessanterweise fällt bei genau diesem Stück die Qualität des Atmos-Mixes ein wenig ab. Einerseits wirkt der Klang zwar räumlich, andererseits erscheinen die Elemente etwas weniger klar voneinander getrennt. Auch klanglich wirkt der Titel im Vergleich etwas schwächer – eventuell handelt es sich hierbei lediglich um einen Upmix, der aber dann doch sehr gut gelungen ist.
Auch im Downmix auf einer 5.1-Anlage kann der Atmos Mix begeistern. Wer aber den echten Atmos Mix gehört hat, wird hier die bewusst eingesetzten Klänge über dem Kopf schmerzlich vermissen.
Wertung: 99 %
Vorhandene Tonformate:
Dolby Atmos
DTS HD Master Audio 5.1
LPCM 2.0
Das Album kann ohne Zuschalten des Fernsehers per Enter-Taste in Dolby Atmos gestartet werden.
Neben dem Album gibt es noch zwei Single-Edits von Autobahn und Kometenmelodie 2 zu hören.
Aufwertung: + 0,5 %
Anspieltipp:
Autobahn
Ein ausgezeichneter Mix in Dolby Atmos. Was ist mit den weiteren Alben?
Pros / Cons:
+ sehr guter Mix in Dolby Atmos
+ High Resolution (+1 %)
+ Single-Edits als Bonus (auch in Atmos) (+0,5 %)
GESAMTWERTUNG: 99 %
Erläuterungen zur Bewertung
Blu-ray: Die Ausgabe ist frisch auf dem Markt und für ca. 20-25 Euro zu bekommen.
Streaming: AUTOBAHN kann auch im Streaming bei Apple Music, Amazon Music und Tidal in Dolby Atmos gehört werden.
Stand: 12.04.2025
Links:
Offizielle Seite von Kraftwerk