Marillion – Clutching At Straws


Erscheinungsjahr 1987 | Blu-ray Disc | Progressive Rock

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Mitte der 80er Jahre waren Marillion auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Ihr Album Misplaced Childhood und die darauf befindliche Hitsingle Kayleigh machte die Band weltweit bekannt. Das nächste Album, das zumindest den Erfolg des Vorgängers einstellen sollte, wird für viele Bands, die gerade auf der Erfolgswelle schwimmen, zum Problemfall. So sollte auch CLUTCHING AT STRAWS das letzte Album in der damaligen Besetzung werden. Anschließend verließ der charismatische Sänger Derek W. Dick, der von allen nur Fish genannt wurde, die Band.

CLUTCHING AT STRAWS ist das vierte Studioalbum von Marillion und wurde während der vorangegangenen Tour und zahlreichen Interviews, verbunden durch das plötzliche mediale Interesse, geschrieben. Zwischenzeitlich gab es Pläne, das Marillion den Soundtrack zum Film Highlander beisteuern sollte. Fish sollte sogar eine Rolle darin spielen. Letztendlich bekam Queen den Zuschlag.

Wie schon der Vorgänger ist auch CLUTCHING AT STRAWS wieder ein Konzeptalbum. Es behandelt die Geschichte von Torch, einem arbeitslosen 29-Jährigen, der relativ erfolglos Sänger in einer Band ist und sein Leben in Alkohol ertränkt. In gewisser Weise ein Alter Ego von Fish, der den plötzlichen Erfolg ebenfalls in Alkohol ertränken wollte. Innerhalb der Band kam es zu Spannungen und der Sänger fühlte sich zunehmend isoliert, wodurch er nach der anschließenden Tour bei den ersten Demoaufnahmen zum neuen Album ausstieg.

Diese letzten Aufnahmen mit Fish von 1988 sind vor 20 Jahren bei einem Reissue von CLUTCHING AT STRAWS veröffentlicht worden und sind auch Bestandteil des neuen 2018 veröffentlichten Deluxe Boxset im Mediabook Format (siehe Foto). Dieses Boxset enthält zudem einen Surround Sound Mix von CLUTCHING AT STRAWS. Das Interessante bei den Demo Aufnahmen von 1988 ist, dass hier zum großen Teil die Musik des Marillion Nachfolgers Seasons End mit Fish als Sänger gehört werden kann, allerdings mit völlig anderen Texten. Die Texte, die Fish hierfür schrieb, verwendete er dann auf seinem ersten Soloalbum.

CLUTCHING AT STRAWS konnte einigermaßen am Erfolg von Misplaced Childhood kratzen. Es verfehlte zwar knapp die Spitzenposition in England und Deutschland, aber mit Incommunicado konnte sich Marillion wieder in den Top-10 Single-Charts platzieren. Es sollte das letzte richtig erfolgreiche Album von Marillion werden, denn viele Fans verloren nach dem Besetzungswechsel am Mikrofon das Interesse an der Band. Wenige Jahre später auch die Plattenfirma.


Tracklist:

1 Hotel Hobbies – 03:35
2 Warm Wet Circles – 04:25
3 That Time of the Night (The Short Straw) – 06:00
4 Going Under – 02:47
5 Just for the Record – 03:09
6 White Russian – 06:27
7 Incommunicado – 05:16
8 Torch Song – 04:05
9 Slàinte Mhath – 04:44
10 Sugar Mice – 05:46
11 The Last Straw / Happy Ending – 05:58

Gesamtdauer: 52:18


Die Musik:

Was das musikalische Schaffen der Band auf CLUTCHING AT STRAWS angeht, scheiden sich ein wenig die Geister. Die einen halten es für das schwächste Album der Fish-Ära und somit das schwächste Album überhaupt, da die Band danach einfach nicht mehr Marillion war. Die anderen halten es für den Höhepunkt dieser Ära, wo Marillion sich endlich von ihren großen Prog-Vorbildern aus den 70er Jahren freischwomm und eigenständig wurde. Die Wahrheit dürfte wohl irgendwo in der Mitte liegen.

Eigentlich sehe ich CLUTCHING AT STRAWS als Start einer neuen Trilogie an. Dieses Album und die nächsten beiden mit Steve Hogarth als neuen Sänger sind vom Sound und Aufbau relativ ähnlich zueinander. Sie enthalten noch Prog-Elemente werden aber zunehmend leichter zugänglich. Erst mit Brave von 1994 änderte die Band Marillion ihren Sound wieder grundlegend.

Wertung: 88 %


Besetzung:

Fish – vocals
Steve Rothery – guitars
Mark Kelly – keyboards
Pete Trewavas – bass
Ian Mosley – drums

Tessa Niles – backing vocals on „That Time of the Night“ and „The Last Straw“
Chris Kimsey – backing vocals on „Incommunicado“
John Cavanaugh – „Dr. Finlay“ voice on „Torch Song“


Der Surroundmix:

Im Gegensatz zu den ersten beiden Wiederveröffentlichungen des Back Catalogues von Marillion, war bei diesem Album Steven Wilson nicht mehr verantwortlich für den neuen Mix. Zwar hieß es noch vor einigen Monaten, dass er sich die Bänder gekrallt habe, doch letztendlich hatte wohl Wilsons eigene Musikkarriere Priorität. Stattdessen wurde der Surround Mix von Andy Bradfield und Avril Mackintosh erstellt.

Licht und Schatten bietet das Greifen nach den Strohhalmen. Das atmosphärische Intro von Hotel Hobbies lässt hohe Erwartungen ansteigen. Ruhige Gitarrensounds, Keyboards, Bass und Percussions werden überall im Raum verteilt und man hat die Hoffnung auch hier einen tollen Surround Mix zu bekommen. Doch sobald der Song richtig einsetzt, macht sich Überraschung breit. Der Sound ist merkwürdig dünn. Bass und Schlagzeug erzeugen schlicht keinen druckvollen Sound, es klingt ein wenig, als wenn vergessen wurde, den Subwoofer einzuschalten. Zudem kommt der typische 80er Jahre Hall hinzu. Man muss allerdings zugeben, dass dies auch dem Originalmix entspricht, denn auch dieser ist seinerzeit etwas kraftlos ausgefallen. Hier hätte ich mir gewünscht, dass man den Mut hat, das ein wenig zu optimieren. Allerdings klingt nicht das komplette Album durchgehend kraftlos, es wird mit der Zeit besser (oder aber das Gehör gewöhnt sich daran).

Der Surround Mix ist größtenteils konservativ ausgefallen. Vieles geschieht eher unmittelbar vor dem Hörer. Dass Instrumente mal komplett nach hinten gelegt werden, passiert verhältnismäßig selten. Meistens sind das Keyboardsounds, Gitarrenbegleitung und Hallanteile. Steve Rotherys stilistisches Gitarrenpicking erklingt gelegentlich in der Raummitte sehr präsent, wie bei Torch Song und Sugar Mice. Manchmal verirrt sich auch die eine oder andere Basslinie in einem Zwischenspiel nach hinten. Auch der Gesang von Fish wird in der zweiten Hälfte von White Russian mal in die Rear Lautsprecher gelegt. Mir fiel auf, dass die normalen Songteile wie Strophe und Refrain meistens leicht frontlastig sind, während die in fast jedem Song aufkommenden Zwischenspiele dann meist weiter in den Raum gelegt werden, um diese noch mehr zu betonen. Das ist ein interessanter Ansatz, allerdings klingt dann der Großteil der Songs dann immer konventionell und auch weniger spannend.

Aber auch auf CLUTCHING AT STRAWS gibt es Highlights, die in Erinnerung bleiben: Gegen Ende von Warm Wet Circles werden eben diese Worte von einer weiblichen Stimme (Tessa Niles) gesungen, die den Hörer umkreist. Im Torch Song gibt es einige Soundeffekte, die sehr beeindruckend sind, allen voran das Öffnen einer Weinflasche. Der Song Going Under, der damals nur auf CD und nicht auf LP enthalten war, ist hier zudem in einer leicht erweiterten Fassung zu hören, in der Steven Rothery ein kurzes Gitarrensolo spielt.

Wertung: 84 %


Vorhandene Tonformate:
DTS HD Master 5.1
LPCM 96/24 5.1
LPCM 96/24 2.0
 

Album starten:

Das Album hat das gleiche Konzept im Menü für die letzte Veröffentlichung Brave erhalten. Ohne Zutun des Anwenders erklingt es nur in Stereo, man muss also umschalten. Zum Glück funktioniert das zum einen über die Audiotaste, das Umschalten erfolgt dann aber in den ersten Takten von Hotel Hobbies, und die sind, wie oben erwähnt, ziemlich hörenswert im Surround. Das Umstellen auf die erste Surround-Option (DTS HD Master) ist ohne eingeschaltenem TV relativ schwierig:

DOWN > DOWN > ENTER > DOWN > ENTER > UP > UP > ENTER

Abwertung: – 2 %


Bonusmaterial:

Das Mediabook enthält insgesamt vier CDs und eine Blu-ray. Auf zwei CDs ist ein (fast) komplettes Konzert von der anschließenden Tour zu hören und auf der vierten CD die oben erwähnten Demos, die bereits 1999 veröffentlicht wurden. Zudem gibt noch vier weitere, bisher unveröffentlichte Demos. Auf der Blu-ray ist neben dem Surround Mix auch das obligatorische Interview mit der Band (1 Stunde) zu den Aufnahmen. Außerdem gibt es drei typische 80er Jahre Musikvideos und das Album im Originalmix, sowie drei weitere Bonustracks, die nicht mehr auf die vierte CD gepasst haben. Leider ist da auch die B-Seite Tux On dabei, die hätte unbedingt auf die CD gemusst, da die Nummer auf der Blu-ray völlig in Vergessenheit gerät. Das 60-Seitige Buch enthält alle Songtexte, Hintergrundinfos und viele Fotos aus der Zeit.

Aufwertung: + 2 %


Anspieltipp:

Torch Song


Fazit:

Nicht wirklich schlecht, aber bisher der schwächste Mix aus der Reihe. Da wäre mehr drin gewesen.

Pros / Cons:
+ Ein würdiger Abschluss für die Fish-Ära
+ High Resolution (+1 %)
+ sehr viel Bonuscontent (+2%)
– Surroundmix mit Höhen und Tiefen, kein Referenzmix
– Muss auf Surround Sound umgeschaltet werden (-2%)

 

GESAMTWERTUNG: 86 %

Erläuterungen zur Bewertung

Verfügbarkeit:

Blu-ray: Diese Box ist im November 2018 veröffentlicht worden und sollte ohne Probleme zu bekommen sein. Aktuell für etwa 35 Euro.

Stand: 05.03.2019

 


Links:

Offizielle Seite von Marillion

 

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